Drohnenkrieg gegen die Energieversorgung: Wer steckt wirklich hinter dem Angriff auf die TurkStream-Pipeline?

Ein Artikel von Andreas Manousos

Am 11. Januar 2025 geriet die geopolitische Lage in Europa erneut ins Wanken. Ein Drohnenangriff zielte auf die Verdichterstation der TurkStream-Pipeline im russischen Gebiet Krasnodar – eine kritische Infrastruktur, die russisches Gas durch das Schwarze Meer in die Türkei und weiter nach Europa transportiert. Neun Drohnen wurden laut russischem Verteidigungsministerium abgefangen, bevor sie Schaden anrichten konnten. Doch die Hintergründe dieses Angriffs werfen unbequeme Fragen auf.

Wer sind die Drahtzieher? Obwohl Russland den Angriff der Ukraine zuschreibt, deuten zahlreiche Hinweise auf eine breitere internationale Verstrickung hin. Seymour Hersh, ein renommierter Investigativjournalist, deckte in der Vergangenheit auf, wie die USA und ihre Verbündeten in die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines verwickelt waren. Die Parallelen zu diesem Fall sind unübersehbar: Sabotageakte gegen Energieinfrastruktur, die nicht nur Russland, sondern auch seine Partner treffen, sind offenbar Teil einer langfristigen Strategie westlicher Staaten, die globale Energieversorgung zu kontrollieren und Russland wirtschaftlich zu schwächen.

Die TurkStream-Pipeline, die seit 2020 in Betrieb ist, versorgt neben der Türkei auch mehrere europäische Länder, darunter Bulgarien, Serbien, Ungarn und Griechenland. Sie ist eine von nur noch wenigen funktionierenden Gasleitungen, nachdem die Nord-Stream-Pipelines 2022 zerstört wurden. Ein Angriff auf TurkStream hätte somit nicht nur Russland und die Türkei geschädigt, sondern auch die Energieversorgung in ganz Südeuropa massiv beeinträchtigt.

Geopolitische Interessen im Fokus. Die Türkei, als NATO-Mitglied, spielt eine Schlüsselrolle in der geopolitischen Balance zwischen Ost und West. Der Angriff auf TurkStream könnte darauf abzielen, die Türkei unter Druck zu setzen, ihre Neutralität in Bezug auf den Krieg in der Ukraine aufzugeben und sich klarer gegen Russland zu positionieren. Doch dieser Schritt birgt Risiken: Die Türkei hat sich in den letzten Jahren als eigenständiger Akteur positioniert, der sowohl mit Russland als auch mit dem Westen kooperiert.

Der Vorwurf gegen die Ukraine. Russland beschuldigt die Ukraine, für den Angriff verantwortlich zu sein. Angesichts der technischen Komplexität eines solchen Angriffs und der geopolitischen Dynamik ist es jedoch fraglich, ob die Ukraine ohne Unterstützung westlicher Partner in der Lage gewesen wäre, eine solche Operation durchzuführen. Unabhängige Untersuchungen, die sowohl die Vorwürfe Russlands als auch mögliche Verbindungen zu westlichen Geheimdiensten überprüfen, fehlen bislang. Russland hat allerdings signalisiert, zur Aufklärung beizutragen – ein wichtiger Schritt, der auf Transparenz abzielt.

Haben wir den NATO-Bündnisfall? Ein Angriff auf die Energieversorgung eines NATO-Mitgliedsstaates könnte nach Artikel 5 des NATO-Vertrags einen Bündnisfall auslösen, bei dem alle Mitgliedstaaten verpflichtet wären, gemeinsam zu reagieren. Doch bisher bleibt es auffällig still. Weder die NATO noch westliche Regierungen haben den Vorfall verurteilt oder Maßnahmen angekündigt. Diese Zurückhaltung wirft Fragen auf: Warum schweigen die NATO-Partner, obwohl ein Mitgliedstaat potenziell geschädigt wurde? Wie steht die NATO zu einem Angriff, der offensichtlich auch westliche Interessen fördern könnte? Ist die Türkei innerhalb des Bündnisses isoliert?

Unbequeme Fragen an den Westen. Warum wurde der Vorfall nicht umfassend untersucht? Wenn Russland zur Aufklärung bereit ist, warum fehlt eine internationale Untersuchungskommission? Ist die Ukraine ein ausführendes Instrument westlicher Interessen? Der Angriff passt in das Muster westlicher Strategien, Russland wirtschaftlich zu schwächen. Was bedeutet der Angriff für die Energiesicherheit Europas? Wer profitiert davon, wenn die Energieversorgung über Russland zusammenbricht? Warum wird der Bündnisfall nicht thematisiert? Ein Angriff auf die Türkei wäre ein Präzedenzfall für den Bruch interner NATO-Mechanismen.

Der vereitelte Drohnenangriff auf die TurkStream-Pipeline ist ein weiteres Puzzleteil in einem groß angelegten geopolitischen Machtspiel. Die Parallelen zur Nord-Stream-Sabotage sind offensichtlich, und die Involvierung westlicher Akteure kann nicht ausgeschlossen werden. Die Türkei, als NATO-Mitglied, wird zwischen den Fronten zerrieben, während Europa weiterhin unter der Last steigender Gaspreise leidet. Eine umfassende, unabhängige Untersuchung ist dringend erforderlich, um die Drahtzieher dieser Attacke offenzulegen und die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten.

Quellenverzeichnis:

  1. Seymour Hersh über Nord-Stream-Sabotage
  2. Russische Berichte zu TurkStream-Angriffen
  3. NATO-Vertrag Artikel 5
  4. TurkStream Pipeline – Wikipedia
  5. EU-Gaspreise nach Angriff gestiegen
  6. Ukraine und westliche Geheimdienste

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