Name der Datei: LIVE-STREAM _ Diskussion mit Daniele Ganser Wie überwinden wir die Angst_ Concertare!
kilian Forster: (8 Min. 41 Sek.) So, herzlich Willkommen. Es sind noch ein paar Plätze vorne frei. Das Ganze wird ja live gestreamt beziehungsweise auch aufgezeichnet. Ist schön, wenn hier vorne keine leeren Plätze sind. Also kommt gerne nach vorne. Hier ist noch ein Einzelplatz. Hier drüben sind noch Plätze. Hier vorne sind noch alle frei. Gerne nach vorne kommen. Hier drüben. Es ist alles unnummeriert. Ihr könnt vorne euch hinsetzen, alles, was frei ist. (3 Min. 33 Sek.) Einen wunderschönen Vormittag. Und herzlich Willkommen zu Concertare hier der Jazztage Dresden, mit dem Thema, wie überwinden wir die Angst. Und ich freue mich ganz besonders auf spezielle Gäste heute. Zuerst mal auf euch, dass ihr da seid trotz des schönen Wetters, da sich das noch abzukapsen und zu sagen, wir reden hier über Politik, über Wissenschaft, über Gesellschaft. Über Liebe, über Freiheit, über Frieden. Und dann auch noch geschafft habt, trotz des Marathons hier hin zu kommen. Das hat ja alles ein bisschen verzögert. Der Dresdner Marathon hat fast alles gesperrt. Also von Technik bis zu den Diskutanten und Musikern, ist hier alles im Moment verspätet. Aber wir sind da. Und wir können starten. Auch herzlich willkommen, allen, die den Livestream hier miterleben. Wir haben heute die Diskussion untereinander. Wir sprechen über das Thema, wie überwinden wir die Angst. Und Daniele Ganser hat gestern in seinem Vortrag ja auch schon wunderbare Tipps dazu gegeben, wie wir die Angst überwinden können. Bräuchte man die Diskussion fast gar nicht. Also einfach einmal eine Auszeit zu nehmen aus der Angst. Und zu sagen: „Ich nehme jetzt die Kriegsangst mal weg und gehe in den Wald.“, um es mal kurz zu fassen. Aber so einfach ist es natürlich nicht immer. Und wir reden darüber aber auch gemeinsam. Das heißt, wir haben hier zwei Mikrofone. Das Ganze wird wie gesagt ja live gestreamt und auch aufgezeichnet, dann auf dem Jazztage-YouTube-Kanal gebracht. Wir haben vorne das Mikrofon. Dort werden Sie offiziell gefilmt. Und können nachher im Teil zwei Ihre Fragen stellen. Dort bitte anstellen, hintereinander. Und hinten gibt es dann ein zweites Mikrofon. Wer also nicht erkannt werden möchte und anonym fragen möchte, ist auch in Ordnung, der kann dann hinten die Fragen stellen. So viel zum Prozedere. Ja, ich begrüße hier zu meiner Linken David Vandeven, er ist Mitinitiator oder Initiator des Bautzener Friedenpreises. Der auch an Daniele Ganser verliehen wurde. Und er ist Kopf von Ostsachsen TV. Ist Unternehmer. Hat auch die Formate Miteinander statt übereinander und die zweite Meinung, was ganz wichtig ist immer, wie im Jazz oder wie in der Musik überhaupt, einen Kontrapunkt zu setzen. Das ist das, was uns auch am Herzen liegt. Ja, zu meiner Außenrechten, ist jetzt nicht politisch gemeint-. Das ist auch immer die Frage der Perspektive. Von euch aus ist das ja links. Das ist wie immer, also nicht so schwarzweiß und nicht so einfach. Also Peter Klinke oder auch Peter Inagawa, er hat geheiratet mittlerweile. Oder schon längst geheiratet. Seine Frau, eine Japanerin. Und insofern hat er den japanischen Namen angenommen. Also eine ganz einmalige Sache einmal so. Du hast in Weimar studiert. Und er ist Bassist, Pianist und Schlagzeuger. Aber hauptsächlich Bassist. Wie meine Person auch. Und hat mit unzähligen zusammengespielt. Ob das jetzt Manfred Krug war oder Glenn Miller Orchester, Gregor Meyle, Uschi Brüning, Lee Konitz. Man kann es gar nicht aufzählen, mit wem du alles gespielt hast. Danke, dass du hier bist. Und ja, in der Mitte braucht man eigentlich nicht mehr vorstellen. Das wäre Eulen nach Athen tragen. Daniele Ganser, Historiker und Friedensforscher. Und wir haben das an deinen Vortrag angehängt heute die Diskussion. Ja, meine erste Frage an die Runde wäre der Reihe nach einmal, ihr könnt es euch überlegen, wann hattet ihr das letzte Mal Angst? Wer möchte beginnen?
Peter Inagawa: Eins, zwei. Es funktioniert, muss ich nicht anschalten. Also ich bin prinzipiell kein ängstlicher Typ. Das heißt, also ich versuche generell sehr positiv durchs Leben zu gehen. Und es beschleicht mich allerdings eine Angst, die jetzt natürlich nicht vordergründig in meinem Kopf herumgeistert, aber die schon permanent vorhanden ist. Und das ist, sagen wir mal die Angst um meine Kinder in Bezug auf den Klimawandel. Das ist übrigens eine Angst, die Sie gestern nicht erwähnt hatten. Warum auch immer, ich weiß es nicht. Das werden Sie sicherlich uns heute noch mitteilen können. Aber ansonsten bin ich relativ angstfrei. Weil ich bin auch in einer gewissen Hinsicht ein bisschen schicksalsgläubig, würde ich mal sagen. Manche Dinge kann ich persönlich sowieso nicht verändern. Beziehungsweise auch nicht den entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass der entsprechende Input großartige Veränderungen zur Folge hätte. Beispielsweise wie im Ukraine-Russland-Krieg, da habe ich selbst natürlich persönlich keinen Einfluss darauf. Aber damit bin ich eigentlich auch schon durch, was das anbelangt.
Kilian Forster: Ja, David, wann hattest du zum letzten Mal Angst?
David Vandeven: Ich würde sagen, morgens, wenn ich aufstehe und abends, wenn ich einschlafe. Weil Angst ist etwas, das ist ein Gefühl, das begleitet mich. Wenn ich Nachrichten gucke, umgibt es mich. Die Frage ist, beherrscht mich die Angst oder beherrscht sie mich nicht. Angst ist ein Gefühl und für mich auch eine Form des Respekts. Und wenn ich Nachrichten gucke, habe ich schon Angst, was Menschen in der Lage sind oder im Stande sind, anderen Menschen anzutun. Wer die Fehde gibt die dafür. Und ich bin dankbar im Gegenzug zu der Komfortzone, dass ich nicht einberufen werde in einen Krieg, für einen anderen König zu kämpfen derzeit. Oder hier in Frieden das aussprechen kann, was ich denke. Aber ich glaube, dass die Angst für mich auch Motivation ist zu sagen, ich gehe für etwas auf die Straße statt gegen etwas. Und dieses für etwas einzustehen, zu brennen und meine Arbeit zu machen und hier frei leben zu können und das sagen zu können, nicht nur, was ich denke und was ich fühle, das bekämpft nicht die Angst, sondern hält sie im Gleichgewicht. Aber umgeben tut sie mich definitiv, ja.
Kilian Forster: Jetzt die große Frage, Daniele, du hast ja gesagt, du kannst dir die Angst wegnehmen. Je nachdem, welche Angst da ist. Man geht dann in den Wald. Man schaltet alle Elektronik aus und so weiter. Aber Angst ist ja menschlich. Das betrifft ja jeden Menschen und ist ja auch eigentlich notwendig. Also um im Endeffekt-, es gibt ja drei Sachen immer, wenn man Angst hat. Entweder die Schockstarre, wie das Kaninchen vor der Schlange. Oder man hat Fluchtgedanken. Oder man wird aggressiv. Da gibt es vielleicht unzählige andere Arten noch. Aber das ist eigentlich das, wofür es auch notwendig ist, Angst zu verspüren, um sich dann eventuell zu wappnen gegen das, was einen dort ängstlich macht. Man kann auf verschiedene Weisen fliehen, das hast du schon gesagt. Aber wie ist-. Angst kann natürlich auch sein, Beziehungsangst. Sowohl, dass man mit dem Partner zusammenbleiben muss, als auch man getrennt wird. Es gibt alle Arten von Angst. Kriegsangst, wie du gesagt hast, Angst vor Imageverlust und so weiter. Aber du hast gestern so wunderbar darüber geredet. Jetzt noch mal ganz persönlich.
Dr. Daniele Ganser: Also das ist nicht wirklich eine so kräftige Angst. Sondern ich würde sie als eine Unruhe bezeichnen, die mich immer wieder mal beschleicht. Und die Unruhe war zum Beispiel heut früh. Weil ich bin da raus aus dem Hotel und habe Taxi bestellt. Dann war ich da draußen, dann kam kein Taxi. Und dann kam schon eine Unruhe. Das ist keine Angst, aber ist eine Unruhe. Dann bin ich wieder reingegangen in das Hotel und habe gesagt: „Das kommt gar nicht, das Taxi.“ Und dann hat sie gesagt: „Ja, ist ein Marathon. Ist alles gesperrt. Die Taxis kommen nicht zum Hotel. Das ist großflächig abgesperrt. Und dann kommt eine Unruhe. Das ist nicht eine Angst, aber die Unruhe ist die, dass ich denke: „Ja super. Ich muss aber um elf dort sein.“ Und da sage ich: „Wo ist denn überall abgesperrt?“ Und dann nimmt man so sein Smartphone, legt es so hin. „Ja, hier überall.“ Ich war am Elbufer. „Hier überall, alles abgesperrt.“ Dann habe ich gesagt: „Dann muss ich laufen.“ Und dann bin ich den ganzen Weg vom Hotel hierhin gelaufen.
Kilian Forster: Also ein persönlicher Marathon, Gehmathon.
Dr. Daniele Ganse: 41 Meter. Aber ich bin dann einfach in Unruhe-, es ist nicht Angst. Aber das habe ich auch, wenn ich sonst zu einem Vortrag fahre und dann fahre ich mit meinem Auto in einen Stau rein, dann kommt auch so eine Unruhe, wo ich denke: „Oh, ich bin zu spät.“ Also das habe ich immer wieder. Aber ja, laufen hilft.
Kilian Forster: Dann gibt es die Möglichkeit, zu sagen, jetzt kann man erst recht gelassen fahren, weil wir kommen sowieso zu spät. Oder man drückt aufs Gaspedal, mit der Gefahr noch viel zu spät zu kommen oder gar nicht mehr anzukommen. Ja, diese Unruhe, die kenne ich. Das war auch bei mir ein bisschen so im Vorfeld dieser Diskussion. Wir hatten ja-, stand ja immer noch bis jetzt oder steht noch auf der Webseite N/N. Also wen haben wir an Diskutanten außer Peter Inagawa jetzt dabei. Wir hatten natürlich große Namen vorgesehen, hier zu diskutieren. Wir wollten natürlich auch die andere Seite, die zweite Meinung hier dazuhaben. Und starke Kritiker von dir auf der Bühne haben. Es ist jetzt nicht so, dass alle abgesagt hätten. Es liegt auch daran, das ist meine Unruhe, wenn man solche Jazztage in der jetzigen Zeit-. Überhaupt ist das ein Unding, das zu organisieren, mit so wenig Leuten und so wenig Unterstützung. Das ist in diesem Jahr ironischerweise durch die Corona-Unterstützung ein bisschen leichter gefallen. Wo man nicht darauf angewiesen ist oder ängstlich sein muss, kommen jetzt genug Leute, weil es sowieso überall so wenig Leute kommen. Aber die Unruhe war so ein bisschen: „Wen kriege ich jetzt hier aufs Podium?“ Weil viele Leute wollen mit dir nicht diskutieren. Beziehungsweise haben sie Angst, dass sie dann ebenfalls geframed oder gebasht werden dort. Oder Boykottaufrufe et cetera sind. Es ist aber nicht mehr so schlimm, wie vor zwei Jahren. Und es lag einfach an der eigenen Unruhe, dass man jetzt ein Musikfestival, die Jazztage organisiert hat und einfach nicht die Zeit gehabt hat, sich um so viel Mitdiskutanten zu kümmern. Ich habe es gestern schon erwähnt, Ulrike Herrmann ist in der Reihe mit dabei gewesen. Sie hat dann abgesagt wieder. Also sie hätte im März ihren Vortrag machen sollen. Und Diskussion abgesagt mit dem Argument, sie möchte nicht in einer selben Reihe reden wie die demokratiefeindlichen und faktenfreien Verschwörungstheoretiker Daniele Ganser und Ulrike Guérot. Das ist ihre eigene Entscheidung, auch das muss man respektieren. Und das zeigt, wie groß die Gräben sind. Oder wie groß die Angst ist, zeitweise auch mit einer anderen Meinung, mit einer anderen Ideologie, mit einer anderen Haltung zu diskutieren. Und wir sind froh, wenn wirklich andere Meinungen hier aufeinanderprallen. Das ist der Sinn von Concertare!. Und wir dort in eine lebendige Diskussion kommen. Also deswegen gerne kritische Frage, vor allem auch zu Daniele Ganser. Weil das ist das, was wir brauchen. Nichts unter den Teppich kehren. Auch das nimmt die Angst. Das ist so … #00:24:57# in Crocodile Dundee. Da gab es so in der Stadt, wenn man ein Problem hat oder-. In New York brauchst du für alles einen Psychiater, wenn man Angst hat. Aber dort im Busch, bei den Aborigines. Es ist ganz klar, es gab einen, der alles weitererzählt hat. Also der konnte kein Geheimnis für sich erzählen. Und dann hat Crocodile Dundee gesagt: „Wenn du ein Problem hast, dann erzähle es dem. Der erzählt es allen anderen und dann ist es kein Problem mehr.“ Und das ist was, wir müssen einfach miteinander reden. Und wir müssen unsere eigenen Ängste aussprechen. Auch die man gegenüber anderen Personen oder anderen Meinungen hat. Und dann, denke ich, kann sich vieles zusammenfinden. Weil alle, die wir zusammen-, jeder von euch hat Freunde, Familie, wo die Spaltung zeitweise erkennbar ist. Aber wir müssen immer schauen, was sind unsere gemeinsamen Ziele, die wir haben. Was verbindet uns. Wir sind eine Menschheitsfamilie, wie du das sagst. Wir alle wollen Lieb. Jeder möchte Freiheit, jeder möchte Frieden. Eigentlich, die meiste wollen Demokratie. Obwohl dass die Minderheit in der Welt ist, wo demokratisch sind, wenn man es auf die Bevölkerung mal nimmt. Aber das ist das, was uns verbindet. Jeder hat einen Vater und Mutter. Da kann man gendern wie man will. Es ist biologisch im Moment anders nicht möglich. Auch so was verbindet uns, auch wenn es ein Samenspender ist oder was auch immer. Das ist mal so. Und wenn wir das mal nehmen und sagen, die Probleme, die wir haben, die unterschiedlichen Ansichten, wenn wir jetzt in Ukraine Frieden wollen, dann unterstelle ich mal jedem, dass man dort Frieden und Freiheit will. Nur die Wege dorthin, die Perspektiven, die jeder sieht, die Erfahrung, die man von der Kindheit an schon gehabt hat, die sind komplett konträr. Und da ist das, was du gestern gesagt hast, auch man sollte in der Diskussion dann oder im Gespräch immer sagen: „Ja, du hast auch Recht.“ Oder: „Du hast hier in dem Punkt Recht.“ Wenn man dort etwas findet und man es lernt, zuzuhören, dann ist das eigentlich die Basis, die wir hier brauchen. Ich würde mal sagen, Peter, du hast gestern schon so, und das finde ich dann gut, du hast zugehört. Und du bist ein Musiker, der viel in der Welt herumgekommen ist und sich sehr mit Politik und Gesellschaft auch beschäftigt. Und du bist auch kritisch gegen manches, was Daniel gesagt hat. Oder wie er es sagt. Hast du mir zumindestens erzählt. Deswegen, es sollte nicht mir gegenüber sein, sondern es sollte vis-à-vis direkt sein. Und das ist jetzt schon mal Teil eins. Wie nehmen wir uns da die Angst? Wie streiten wir uns zusammen?
Peter Inagawa: Richtig. Da fange ich gleich mal damit an, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass ich an dieser Diskussion teilnehme. Ich habe vor, glaube ich, vier Wochen mit einer Sängerin für die Dresdner Jazztage gespielt. Und bin mit Kilian seit vielen Jahren mal wieder ins Gespräch gekommen. Also ich habe auf seiner Hochzeit gespielt übrigens. Und habe festgestellt-.
Kilian Forster: Seitdem haben wir uns so gut wie nicht mehr gesehen.
Peter Inagawa: Seitdem haben wir uns eigentlich nicht mehr gesehen. Habe festgestellt, dass er ein sehr streitbarer Mensch ist. Was mich ehrlich gesagt immer ein bisschen reizt. Weil ich selber auch ein sehr streitbarer und auch politisch denkender Mensch bin. Und er hat mir mitgeteilt, dass er in Dresden des Öfteren als Rechtsradikaler beziehungsweise Rechtsextremist auch beschimpft wurde. Und nun kann man natürlich bezüglich der Statements und Meinungen von Kilian durchaus auch, wie er das ja schon gesagt hat, geteilter Meinung sein. Aber eins würde ich auf jeden Fall komplett ausschließen, nämlich, dass Kilian Forster ein Rechtsradikaler ist. Also das halte ich für absoluten Unsinn. Und das muss ich einfach mal so sagen. Es gibt-. Wie gesagt, ich teile nicht-.
Kilian Forster: Du kannst auch noch was zum Rassisten sagen und zum Sexisten.
Peter Inagawa: Zum Bassisten sage ich-.
Kilian Forster: Rassisten und Sexisten. Bin ich auch noch.
Peter Inagawa: Nein, das finde ich schon wichtig. Weil bei all den Diskussionen, die dann natürlich immer geführt werden, gibt es natürlich in beide Richtungen sowohl als auch immer Extremausschläge. Das findet auf der-, wenn man es jetzt mal ganz platt auf links/rechts reduzieren würde, im linken Lager und im rechten Lager statt. Und das ist einfach absurd. Er ist sehr streitbar. Ich teile auch nicht alle Meinungen von Kilian. Das ist mein gutes Recht. Und da sind wir uns auch einig, dass man natürlich auch unterschiedlicher Meinung sein darf. Aber das war jedenfalls der Grund, weswegen ich hierhergekommen bin. Nun komme ich mal zu dem eigentlichen, was das Thema heute ist. Ich fange mal mit einer Frage an. Herr Ganser oder Daniel, wie definierst du das Wort Putsch?
Dr. Daniele Ganse: Wenn eine Regierung gestürzt wird, ohne dass es ein demokratischer Prozess ist.
Peter Inagawa: Okay. Dann halte ich dagegen, dass ein Putsch per se eigentlich ein Sturzversuch beziehungsweise-. Also es gibt natürlich den Putschversuch oder den Putsch, der aus den Kreisen der Elite selbst, in der Regel eigentlich durch das Militär selbst stattfindet. Das heißt, dass das im Prinzip nicht von unten her stattfindet, sondern das ist eigentlich die Definition per se. Ein Putsch findet immer aus einem Lager, politischen Lager der meistens herrschenden Klasse statt. Das hat man wunderbar gesehen in Chile damals, als Allende durch Pinochet gestürzt wurde. Das war ein klassischer Putsch mit den klassischen Mitteln, die in der Regel darin münden, dass in der Regel dann auch das Militär putscht. Es gibt natürlich einen Zusatz. Und bei diesem Zusatz gebe ich dir natürlich Recht, Putsche werden natürlich oftmals auch inszeniert und unterstützt. Und dann bin ich auch beim nächsten Punkt. Die Amerikaner haben natürlich oft in der Welt Putsche inszeniert. Beziehungsweise waren daran beteiligt. Das waren die Russen übrigens auch. Das ist mir gestern auch ein bisschen zu kurz gekommen. Also die-, das Amerikaner-Bashing gestern, das war mir ein bisschen zu heftig. Weil die Ausschläge gingen immer nur in eine Richtung. Denn was Außenpolitik anbelangt, geostrategische Interessen beziehungsweise deren Durchsetzung, glaube ich, nehmen sich, und das sind ja nun die beiden stärksten Mächte in den vergangen 70 Jahren gewesen, die Amerikaner und auch die Russen beide nicht viel, würde ich mal sagen. Aber der Unterschied zu dem Putsch, wie Sie das nennen, in der Ukraine ist, es gibt natürlich einen anderen Begriff, der heißt Revolution. Und es gibt natürlich auch-. Sie lachen, aber es gibt definitiv keine Beweise dafür, dass Janukowitsch hieß er, glaube ich?
Dr. Daniele Ganse: Der Gestürzte?
Peter Inagawa: Genau, der Gestürzte. Dass er durch Teile seiner eigenen Regierung, durch das Militär et cetera gestürzt wurde. Im Prinzip ist er über seine eigene Politik gestürzt. Nämlich es gab ja dieses Assoziierungsabkommen mit der EU, welches er durchsetzen sollte. Das war Konsens auch mit der Opposition. Und das hat er im Grunde genommen hingehalten, bis im Prinzip der Unfrieden in der Bevölkerung zu groß wurde. Und das Ganze dann im Endeffekt eskalierte. Es gab keine Beteiligung irgendwelcher militärischen Kräfte. Es gab eine Einheit, die dort hin befohlen wurde. Die allerdings es nicht geschafft hat, hinzukommen. Es gibt auch immer noch diverse Mythen bezüglich von Snipern und so weiter. Das ist alles noch offen. Also das ist alles nicht geklärt. Aber wie gesagt, für mich ist das kein klassischer Putsch. Für mich ist das eine-.
Zuschauer: Kürzer.
Peter Inagawa: Ja, ich bin ja gleich fertig. Für mich ist das eine Revolution gewesen. Mit allen Aspekten. Ich versuche das auch nicht schwarz und weiß darzustellen. Da gab es auch sicherlich Dinge, die kritisiert werden können. Aber so stellt sich das für mich dar.
Kilian Forster: Daniele. Ja klar.
Dr. Daniele Ganse: Ich sehe es anders. Also am 20. Februar 2014 wurden in Kiew Scharfschützen eingesetzt. Das ist dokumentiert. Und wenn Scharfschützen sowohl Polizisten wie auch Demonstranten erschießen, auch das ist dokumentiert, dann sind das militärische Operationen.
Peter Inagawa: Aber es ist nicht erwiesen, wer die Scharfschützen eingesetzt hat. Also woher die kamen. Das ist definitiv noch nicht dokumentiert.
Dr. Daniele Ganse: Ja, man weiß nicht, wer die Scharschützen waren.
Peter Inagawa: Man weiß es bis heute nicht.
Dr. Daniele Ganse: Stimmt, aber wenn Scharfschützen Menschen erschießen, ist es eine militärische Operation.
Peter Inagawa: Ja, aber es gibt ja immer noch einen Unterschied zwischen vereinzelten Scharfschützen und einem militärischen Verband. Also Scharfschützen können natürlich gezielt eingesetzt worden sein, von beiden Seiten. Ich stelle das mal in den Raum. Es kann auch eine Provokation gewesen sein, von der Regierung. Es kann auch eine Provokation der Amerikaner gewesen sein. Ich weiß es nicht, es weiß niemand. Aber für mich reicht das nicht aus, um einen Putsch zu definieren.
IKilian Forster: Ja, ich meine, die Putschdefinition war ja von dir weitergefasst, Daniele. Ich denke, das ist generell schwierig, für uns alle und selbst für dich, deswegen sagst ja, als Historiker braucht man zeitweise Jahre, Monate, um was herauszukriegen im Nachhinein. Und selbst dann-. Die Frage ist, für was gibt es eigentlich Geheimdienste? Und False-Flag-Aktionen gibt es natürlich auf jeder Seite. Und du kannst immer unterstellen, es war die eigene Seite, um den anderen zu beschuldigen, was gemacht zu haben. Und umgekehrt. Das herauszukriegen, gerade dann, wenn man auch noch Symbole fälschen kann, wer hat wen angegriffen, ist unendlich schwierig. Und vielleicht auch zeitweise gar nicht möglich. Und die Geschichte wird von den Siegern geschrieben. Ist oftmals so. Und da ist natürlich, wer hat am meisten gesiegt, heißt nicht, dass derjenige am meisten recht hat dort. Also es ist, denke ich, eine sehr schwierige Sache. Auf alle Fälle, es wird dir ja auch immer wieder vorgeworfen, du wärst ein Verschwörungstheoretiker. Das wird auch mir vorgeworfen. Wenn man Meinungen mal teilt auf Facebook oder sonst was oder selber eine These aufstellt. Und ich denke, das ist keine falsche Unterstellung, sondern es ist richtig. Weil in dem Augenblick, wo ich eine Theorie aufstelle, dass es eine Verschwörung gab oder geben musste, dann ist das eine Verschwörungstheorie, die man aufstellt, um eine Verschwörungspraxis aufzudecken. Und das beste Beispiel sind jetzt die Pipelines. Also man liest in den Medien sehr wenig, dass es die Amerikaner sein konnte. Du hast ja selber einen Post geschrieben, du weiß es nicht. Es muss aufgeklärt werden. Es können die Russen, es können alle gewesen sein. Auf alle Fälle kann es kein einzelner Taucher gewesen sein. Also das ist eine Operation, die schon vorbereitet werden muss von mindestens zwei Personen. Ich würde sagen, dort gehört eine richtige militärische Operation dazu. Und in dem Augenblick, wo sich zwei Personen oder mehr Personen gegen das Gemeinwohl, gegen die Interessen eines Landes, einer Bevölkerung oder auch einer Familie in der Gesellschaft stellen, ist das eine Verschwörung. Das beginnt schon bei zwei Kindern, die sich verschwören, den Eltern nicht zu erzählen, dass sie geraucht haben. Also als Definition, um es einmal weit zu sehen. Das heißt, wenn jetzt eine Zeitung sagt, es ist eine Verschwörungstheorie, wenn man sagt, die Amerikaner können es gewesen sein. Gleichzeitig aber Experten zitieren, die sagen: „Die Russen waren es.“, dann ist das auch eine Verschwörungstheorie, wenn man unterstellt, die Russen waren es. Die eigentlich wenig Interesse daran haben. Man kann natürlich eine Story machen. Es ist nicht unmöglich, dass es die Russen waren. Das muss man sagen. Solange es keine Beweise gibt, ist das unklar. Und im Endeffekt im Zweifel für den Angeklagten, das muss immer gelten. Und das ist auch eine Kritik, die dann dir oft gegeben wird, was ich so mitkriege, dass du halt ein Zeithistoriker bist. Das heißt immer, du hast recht mit all dem, was du in der Vergangenheit sagst mit Vietnam, mit Kennedy, mit Irak et cetera. Die Lügen sind dokumentiert. Aber jetzt ist es anders. Wir haben daraus gelernt, jetzt werden wir nicht mehr durch Lügen in den Krieg gezogen. So wird es oftmals gesehen. Wo ich dann frage: „Wir müssen aus der Vergangenheit lernen.“ Und natürlich ist es jetzt noch schwer beweisbar in der Gegenwart. Man braucht-, die Beweise tauchen erst später auf. Und das macht, glaube ich, dein Leben so schwer. Auch bei 9/11. Du kritisierst Leute, die eben nicht schon tot sind, sondern die an den Hebeln der Macht sind. Und da ist der Widerstand natürlich größer. Und du hast da keine Angst, das zu tun? Um mal auf das Thema Angst zu kommen. Beziehungsweise, ich habe jetzt lange geredet darüber. Du solltest dich da jetzt mal verteidigen gegenüber deinen Kritikern, die so was vorwerfen. Weil ich denke, die haben auch einfach nur Angst, dass zu Recht haben könntest.
Dr. Daniele Ganse: Ja, denke ich auch. Also es sind eigentlich immer konkrete Frage. Oder bei 9/11 ist ja die Frage, kann ein Gebäude gegen die eigene Masse stürzen, ohne dass es einen äußeren Faktor gibt. Also dieses WTC 7, das ich gestern angesprochen habe. Es ist eingestürzt, es hundertprozentig so. Das ist am 11. September eingestürzt, das ist hundertprozentig so. BBC hat 20 Minuten zu früh berichtet. Das ist hundertprozentig so. Es ist kein Flieger reingeflogen. Das ist hundertprozentig so. Und dann am Schluss kann man natürlich darüber diskutieren, ist es Feuer, wie ein Untersuchungsbericht der Amerikaner behauptet. Oder ist es Sprengung, wie eine andere Forschungsarbeit in den USA … #00:39:39# (übersprechen).
Kilian Forster: Oder, das was kritisiert wird, wir haben jetzt leider niemanden da. Oder das ist auch nachher, die Fragen also bitte wirklich kritische Sachen und das auch zu respektieren. Und nicht auszulachen hier. Es wird dann natürlich gesagt, du zeigst nur die Vorderseite des Gebäudes, du zeigst nicht die Rückseite. Dort ist ja das WTC 1 oder 2 so reingekracht, dass das dermaßen instabil war. Dass es deswegen zusammengefallen ist.
Dr. Daniele Ganse: Das WTC 7, wir sind beim WTC 7.
Kilian Forster: Genau. Dass WTC 1 und 2 gegen-, auf der Rückseite, wenn du die Vorderseite zeigst, auf der Rückseite so reingekracht war, dass es dermaßen instabil war und deswegen zusammengebrochen ist. Das sind so Argumente, die man hört.
Dr. Daniele Ganse: Das ist für nichts. Das ist nicht wahr. Es ist nicht das WTC 1 und das WTC 2 in das WTC 7 reingeknallt. Einfach gar nicht. Das ist einfach nicht so passiert.
Kilian Forster: Ich meine, wenn so ein Ding 400 Meter hoch ist mit Stahlträgern, die vielleicht dann das beschädigen, ist das erwiesen, dass das so nicht ist? Gibt es die Fotos von der Rückseite? Es wird ja auch wissenschaftlich-.
Dr. Daniele Ganse: Da sage ich gerne etwas dazu. Also die Twin Towers waren um 12 Uhr beide am Boden. Und das WTC 7 ist um zwanzig nach fünf dann eingestürzt. Also wenn jetzt ein Trümmerteil rüberfällt und das einschlägt, dann hat das fünf Stunden gewartet und dann gewirkt.
Peter Inagawa: Das stimmt ja nicht ganz, weil es gibt ja noch eine zweite Theorie. Also die eingestürzten Trümmerteile haben in dem Gebäude diverse Brände, Kabelbrände et cetera verursacht. Das ist, wie gesagt, alles hypothetisch. Ich finde diese Diskussion sowieso relativ sinnlos. Weil wir alle keine Experten auf dem Gebiet sind. Sie genauso wenig wie ich. Aber jedenfalls ist es, dass diese Trümmerteile wohl Brände verursacht haben. Und diese Brände im Nachhinein dann natürlich zeitverzögert unter Umständen, sage ich jetzt auch, zum Einsturz dieses Gebäudes beigetragen haben. Also ich finde solche Zusammenhänge zu konturieren-. Die sind mir ein bisschen zu simpel, muss ich ehrlich sagen.
Dr. Daniele Ganse: Ich habe es ja nicht konstruiert. Das Gebäude ist wirklich zusammengestürzt.
Peter Inagawa: Das ist richtig, aber warum es so zusammengefallen ist, beziehungsweise was eben nicht passiert ist, das ist mir dann doch ein bisschen zu einfach. Also ich glaube, das ist eine Wissenschaft, zu erkennen, wie Gebäude statisch zusammengebaut werden und wie sie eventuell auch einstürzen können. Die Fragen standen ja auch bezüglich der beiden Türme. Sie sind wahrscheinlich weitestgehend geklärt. Es gab Aluminium, was durch die große Hitze das Zusammenstürzen mit verursacht hat et cetera. Ich weiß es nicht, aber eben-. Das ist das, was ich eigentlich sagen möchte. Wir befinden uns, was solche Theorien anbelangt, immer auf sehr, sehr dünnem Eis. Also man kann natürlich immer behaupten, in das Pentagon ist kein Flugzeug eingeflogen, obwohl es die Bilder dafür gibt. Und die Türme wurden-. Oder der Geheimdienst hat das alles inszeniert. Aber ohne Beweise, ohne wirklich faktische Beweise, muss man das immer in das Reich der Mythen zurückweisen. Und da wäre ich sehr vorsichtig. Man kann das sich natürlich zu Hause alles vor dem Fernseher, vor dem Computer zurechtspinnen, das ist alles schön. Aber in dem Moment, wo man damit an die Öffentlichkeit geht, hat man eine Verantwortung. Und da wird es dann gefährlich.
Dr. Daniele Ganse: Aber ich sehe das ganz anders. Also diejenigen, die an die Öffentlichkeit gehen, sind doch die, die gesagt haben: „Hier haben wir den Terroranschlag. Und jetzt muss die Bundeswehr nach Afghanistan.“ Und so ist es passiert. Die Bundeswehr war 20 Jahre in Afghanistan. Hat Krieg geführt in einem fremden Land. Und dann ist es-.
Peter Inagawa: Das teile ich sogar, da gebe ich Ihnen sogar Recht. Aber das ist ja jetzt schon wieder ein anderer Punkt, auf den Sie zu sprechen kommen.
Dr. Daniele Ganse: Nein, aber dann sage ich, dann ist es doch die Aufgabe der Friedensbewegung, zu sagen: „Moment mal, ist denn das überhaupt war, was sie erzählt haben?“ Weil es sind 200.000 Menschen, eigentlich sind es noch mehr, aber das sind die offiziellen Zahlen. Es sind 200.000 Menschen umgebracht worden in Afghanistan. Das ist nicht in Ordnung, da kann man nicht sagen: „Ja, Entschuldigung, dass wir bei euch im Land waren. Und Entschuldigung, dass einige erschossen wurden. Wir sind uns noch nicht ganz einig wegen 9/11. Wir können es jetzt auch nicht mehr länger diskutieren. Wir wünschen euch noch einen schönen Tag.“ Sondern das sind große Verbrechen, die passiert sind. Und die Afghanen, die können das nicht aufklären, das müssen wir machen. Wir müssen das machen.
Peter Inagawa: Ich glaube, Sie.
David Vandeven: Ja, ich höre manchmal lieber zu, als dass ich was sage. Weil auf der anderen Seite, ich höre sehr gerne Daniele Ganser zu, wenn er was sagt. Wenn er vor allen Dingen auf kritische Fragen antwortet. Und deswegen war ich die ganze Zeit auch leise. Die Frage, die sich mir stellt, ist immer: „Wem dient das Ganze? Wem dient ein Putsch? Wem dient ein Krieg? Wer ist der Profiteur, dieser ganzen Auseinandersetzungen?“ Und ein Verschwörungstheoretiker ist für mich ein Mensch, der erst mal eine Theorie aufstellt. Wenn er für die Theorie oder das Aufstellen einer Theorie angegriffen wird, dann verteidigt sich eine andere Seite. Und die Frage ist, hat sie das nötig. Und wenn ich so eine Theorie herausbringe, dann muss ich sehr viel aushalten. Und ich glaube, Daniel Ganser kennt den Unterschied zwischen einem König der heutigen Zeit und einem, der schon seit vielleicht hundert Jahren unter der Erde liegt, sehr gut. Der König von heute wehrt sich und er hat auch die Instrumente und die Mittel dazu. Und die Mittel, die Bilder, die ich heute zu sehen bekomme, müssen nicht unbedingt den Bildern entstehen, die entstanden sind oder die den Fakten entstanden sind. Denn ich bekomme nur Fragmente. Und wenn jemand wachrüttelt und Fragen stellt und Theorien aufstellt, ob auf der Bühne oder in seinen Büchern oder in Vorträgen, wie auch immer. Und mahnt und wachhält, dann ist er für mich nicht auf der Anklagebank. Sondern dann ist er derjenige, der diese Fragen erst mal in den Raum stellt. Und dafür sich zu verteidigen-.
Peter Inagawa: Mir liegt es ja fern, ihn auf die Anklagebank zu schicken. Also das ist ja jetzt auch nicht meine Intention. Aber ich bin natürlich auch hier, um kritische Fragen, die Sie stellen, Zurecht, das finde ich ja auch in Ordnung, ebenfalls wiederum kritisch zu hinterfragen. Also das ist heute meine Intention.
David Vandeven:: Also das Thema Anklagebank, ich hänge es ganz kurz dran. Weil Dr. Daniel Ganser ist Schweizer und er kann nachher wieder in seine sieben Berge zurückfahren. Wir sind hier in Dresden und wir sind in Deutschland. Und in Deutschland haben wir den Paragrafen 130 Strafgesetzbuch erweitert, um im Omnibusverfahren, im Nachtverfahen, kaum einem ist bekannt, wer in dieser Nachtsitzung gesessen hat, erweitert, dass nicht nur die Kriegsverbrechen der Vergangenheit, sondern auch das, was in der heutigen Zeit stattfindet, unter Anträge gestellt werden kann. Und jetzt ist die Frage natürlich, schützt sich das System oder ist es mutig? Oder ist der Kampf gegen Menschen, Theorien auch in den Raum zu stellen? Denn ich kann heute willkürlich auch eine Zeit wieder erleben, in der Menschen, die genau solche Theorien in den Raum bringen, dafür auf die Anklagebank bringen. Also ich denke, wir werden ein neues Zeitalter erleben in der Aufklärung. Wir werden auch ein neues Zeitalter erleben derer, die den Mut haben, anzuprangern, anzuklagen. Oder eventuell auch Theorien in den Raum zu stellen. Denn es soll auch Angst schüren. Und vor allen Dingen auch Mut zerstören, genau dies zu tun.
Kilian Forster: Also ich möchte dich, Daniele, mal zitieren: „Glaube nicht, was du denkst.“
Dr. Daniele Ganse: Nicht alles.
Kilian Forster: Nicht alles, genau. Und ich denke, man muss aufpassen, dass cui bono, wem nützt es, ist sicherlich wichtig. Und das ist das Naheliegendste, was man auch in jedem Krimi natürlich sieht. Wobei das nicht immer an der Realität ist. Dass man erst mal da schaut, wer profitiert von einer Straftat entsprechend. Und Kriegsverbrechen ist auch eine Straftat. In den Krieg zu ziehen ist eigentlich auch eine Strafe oder eine Straftat überhaupt. Das heißt aber auf der anderen Seite nicht, dass man automatisch recht hat. Nur weil es jemand nutzt, muss das noch nicht der Täter sein. Es können auch Zufälle sein. Es kann auch aus einer ganz anderen Richtung kommen. Und das ist das, was wir, denke ich, in allen oder selbstkritisch auch sagen muss, es ist nicht dadurch erwiesen. Nur weil es einem nutzt, ist er nicht der Täter. Und deswegen sollte man dort alles hinterfragen, meiner Meinung nach auch. Und kommt damit auch besser ins Gespräch mit anderen, die eine andere Meinung haben. Und ich finde es aber absolut legitim. Und deswegen habe ich dich auch zum wiederholten Male eingeladen, dass du deine Thesen vertrittst. Und dass das öffentlich sein muss, wie jede andere These auch. Man kann den größten Bullshit von anderer Seite erzählen und es kümmert keinen. Die Frage ist dann, wenn man sich so aufregt oder wenn systematisch sich so aufgeregt wird bei dir, ist immer die Frage, vielleicht hast du einen wunden Punkt getroffen. Sonst würde man nicht so bellen. Aber trotzdem, es muss erlaubt sein in einer offenen pluralistischen demokratischen Gesellschaft, dass man die Meinung sagt, ohne diskriminiert zu werden. Egal von wo. Und deswegen haben wir hier diesen Platz immer wieder gerne für auch Außenseiter. Oder in dem Fall bist du ja eigentlich kein Außenseiter. Sondern du sprichst auch gerade hier in Sachsen für einen erheblichen Teil, wenn nicht einem Großteil der Bevölkerung. Die hier alle für Verständigung, für Frieden, für Dialog sind. Und Ulrike Guérot hat Cicero zitiert, ist dafür im Endeffekt in eine rechte Ecke gestellt worden. Und jetzt in Depression. Weil sie gesagt hat: „Der ungerechteste Frieden ist besser als der gerechteste Krieg.“ Zitat Cicero. Und darum müssen wir einfach kämpfen, dass wir miteinander reden. Wir wohnen alle auf diesem Planeten und wir haben miteinander auszukommen. Und mit der größten Atommacht der Welt so ein Spielchen zu treiben, ist für mich ein Spiel mit dem Feuer. Wo viele Leute auch Angst haben auf beiden Seiten. Man hat Angst, dass Russland die Atombombe einsetzt. Man hat Angst, dass Russland hier weitermarschiert in Richtung Deutschland. Und alles einverleibt auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite hat man Angst, dass man eben Russland eben soweit reizt und die NATO ausgeweitet hat, dass Russland aus ihrer Sicht, aus ihrer Perspektive handeln musste. Das ist natürlich vollkommen nicht in Ordnung. Das ist ein völkerrechtswidriger Einmarsch, der dort passiert ist. Aber man muss sich das immer mal andersrum vorstellen. Wie hätten die Amerikaner reagiert, wenn jetzt in Mexiko ein russischer Luftwaffenstützpunkt oder atomare Raketen dort installiert werden sollten. Das ist leider ein Großmannsgehabe oder ein imperialistisches Denken der USA genauso wie von Russland, die gekränkt wurden. Und genauso ihr Imperium sehen, das zerfallen ist. Und natürlich, ein getroffener Bär ist gefährlicher, kann man fast sagen. Oder so denken andere. Man kann es aber auch so sehen als ein starker Adler im Zuge der USA. Ich habe jetzt viel geredet, ich weiß nicht, ob du da was sagen willst. Es geht ein bisschen so in Peters Richtung. Man muss beide Seiten immer sehen. Das ist, jeder will seinen Hegemonialbereich von den Supermächten ausweiten. Und das ist eigentlich so eine Sache. Das betrifft Russland genauso, wo man kritisch sein muss. Aber natürlich hat Russland wesentlich weniger Stützpunkte in der Welt und alles. Versucht aber, mit genau denselben Mitteln seinen Einflussbereich zu erweitern. Davor haben die Amis Angst, davor haben wir Angst oder ein Teil der Bevölkerung. Und andersherum.
Dr. Daniele Ganse: Also ich kann schon etwas zu diesem Konflikt in der Ukraine sagen. Weil so wie es eigentlich dargelegt wird in der Süddeutschen Zeitung oder auf ARD oder im Spiegel, hat der Krieg am 24. Februar 2022 angefangen mit der russischen Invasion in die Ukraine. Und da kann ich einfach sagen, das stimmt so nicht. Der Krieg hat zuvor nach dem Putsch der USA-, eben meiner Meinung nach ein Putsch. Meiner Meinung nach ein Putsch durch die USA in Kiew, am 20. Februar 2014 angefangen. … #00:52:37# acht Jahre Bürgerkrieg gegen den Donbas mit 10.000 Toten. Und dann kam die russische Invasion. Und darum haben wir eben eine Teilschuld. Wir haben eine Teilschuld der Amerikaner für den Putsch. Und wir haben eine Teilschuld der Russen, für die Invasion. Und wir haben eine Teilschuld von Selenskyj für den Bürgerkrieg. Und diese Teilschulelemente in einem Konflikt, es ist sehr wichtig, dass man die sieht. Weil wenn diese Teilschuldelemente nicht auf den Tisch kommen und wir nur so tun, also, wenn nur 100 Prozent Schuld bei Putin liegt und null Schuld bei Selenskyj und null Schuld bei Biden, Joe Biden, dann haben wir keine gute Analyse. Und wenn wir keine gute Analyse haben, das ist immer so, dann stürzen wir selber eigentlich in einen Strudel, den wir nicht verstehen. Also die Analyse ist nicht eine Kleinigkeit. Sondern die Analyse ist-. Bei einem Berggänger, bevor er die Route macht, schaut er sich genau an, wie lang ist die Strecke, wie viel Höhenmeter sind es. Was ist das Wetter, wie kalt ist es. Und man überlegt sich in der Schweiz, bevor man auf einen Berg geht, das sehr genau. Und wenn ich jetzt beobachte, wie Bundeskanzler Scholz Deutschland in den Krieg gegen Russland führt, dann muss ich einfach sagen, mir fehlt die Analyse. Mir fehlt die Diskussion. Ich halte es für falsch. Man sollte das nicht tun. Man sollte eigentlich in Deutschland viel zurückhaltender sein. Das heißt, was ich gesehen habe, ist, dass die Invasion von Russland am 24. Februar war, das ist hundertprozentig so. Und das ist auch meiner Meinung nach klar illegal. Und dann schon am 26. Februar hat Deutschland schwere Waffen an Selenskyj geliefert. Das ist zwei Tag danach. Und die Historiker werden irgendwann Bücher schreiben und sagen: „Wann war der Moment, als Deutschland wieder in den Krieg zog gegen Russland? Und die Antwort ist, es ist der 26. Februar 2022. Und warum ist man seither im Krieg? Weil wenn man Waffen liefert an eine Kriegspartei, ist man selber Kriegspartei.
Kilian Forster: (6 Sek.) So ähnlich habe die-, das die Grünen vor der Wahl ja auch gesehen.
Dr. Daniele Ganse: Ja, aber die Grünen sind jetzt olivgrün.
David Vandeven:: Ob sie jetzt olivgrün sind? Wir hatten schon mal einen Grünen Außenminister gehabt mit Joschka Fischer. Und wir hatten die Friedensbewegung nicht erst in Zeiten des Ukraine-Kriegs auf die Straße gebracht. Sondern sie war schon viele, viele Jahre zuvor auch schon auf der Straße. Ich bin 1975 geboren im Rhein-Main-Gebiet und ich war in den 90er-Jahren auf der Straße, wo Herbert Grönemeyer gespielt hat, wo Reinhard Mey auf die Straße zu den Menschen gegangen ist. Wo es immer wieder hieß, einerseits als Erinnerung, als Mahnmal zum Zweiten Weltkrieg, auch die anderen Kriege, die um uns herum stattfinden. Und immer stattgefunden haben, auch zu verurteilen. Mathias Tretschog steht in Berlin: „Stop the war in Jemen.“ Seit vielen, vielen Jahren und seit vielen Wochen und Monaten immer wieder auch an derselben Stelle. Und auch mit denselben Menschen. Weil die Friedensbewegung ist eine Bewegung auch-, ist auch eine Haltungsbewegung. Und die Grünen haben diese Bewegung zum Teil genutzt und auch zum Teil begleitet. Aber ob sie sie in ihrem Herzen mitgetragen haben, das ist eine ganz andere Frage. Jetzt wo sie am Schalthebel der Macht sitzen, sind die Plakate, die vor der Wahl gehängt worden sind, die Reden die man gehalten hat, wir haben es gestern angesprochen, das Thema Julian Assange. Auch andere Themen, nicht mehr in demselben Wortlaut zu vernehmen. Und da frage ich mich, wo ist die Glaubwürdigkeit? Wenn ich meine Stimme einem Menschen gebe, in der Hoffnung, dass er meine-, oder die Meinung, die er mir verkauft hat, danach nicht einhält, dann ist diese Stimme nichts wert. Dann ist die Glaubwürdigkeit geschädigt. Dann ist die Demokratie geschädigt. Und ich glaube auch nicht nur, dass Angst kommt. Nach der Angst kommt auch noch ein Gefühl in vielen Menschen auf, das ist Wut. Und wenn Angst in Wut oder in Ohnmacht umschlägt, dann stürze ich nicht nur den Krieg dort vor Ort, wie in der Ukraine, dann leidet auch unser System und unser politisches System hier vor Ort extrem stark darunter.
Peter Inagawa: (5 Sek.) Ich selbst stand am 24., diesem besagten Tag, um 11 Uhr in Schönefeld am Flughafen und war drauf und dran nach Moskau zu fliegen. Weil ich war in den letzten Jahren sehr oft in Russland mit dem Glenn Miller Orchester hauptsächlich. Habe das ganze Land gesehen. Und habe auch gesehen, wie sich das Land in den letzten 20 Jahren entwickelt hat. Zum einen wirklich fulminant. Also in den Städten beispielsweise, ich war öfters in Kasan, da hat sich sehr, sehr viel entwickelt. Auf der anderen Seite habe ich natürlich auch gesehen, wie größer das Gefälle zwischen Stadt und Land in diesem Land selbst wurde. Was für mich im Übrigen ein geostrategisches Problem generell ist. Wenn man natürlich immer nur in die Städte investiert und die Landbevölkerung auf sich selbst gestellt lässt. Das nur am Rande erwähnt. Aber worauf ich eigentlich hinausmöchte, dieser Krieg, der natürlich unbestritten ein Angriffskrieg der Russen ist, hat ja noch eine andere Komponente. Denn wir dürfen ja nicht vergessen, dass Russland keine Demokratie ist. Russland wird von einem einzigen Mann gelenkt, der im Prinzip per Dekret dieses Land schon seit 20 Jahren durchregiert.
Gast: Das ist in Deutschland genauso.
Peter Inagawa: Das ist in Deutschland nicht so, das ist Unsinn. Das können Sie behaupten. Da können Sie auch lachen. Aber das ist nicht so, weil ich gebe Ihnen mal einen Punkt zu bedenken. Weil es wird ja immer so oft hier behauptet: „In diesem Land darf man nichts sagen. Man wird gleich Restriktionen unterworfen.“ und dies und das. Schon alleine die Tatsache, dass wir hier sitzen und diskutieren, zeigt ja eigentlich, dass es nicht so ist. Sie können ja mit dem Kopf schütteln, das ist so. Wenn Sie in Russland systemkritische Thesen nur auf der Straße äußern, das reicht ja mittlerweile schon, wenn Sie nur ein weißes Blatt Papier hochhalten, dann werden Sie sofort eingesperrt. Das sind einfach mal große Unterschiede zwischen den beiden Systemen. Im Übrigen, stellen Sie sich doch mal die Frage, ob-. Ich weiß, die Amerikaner haben Kriege begonnen. Ich verurteile das ebenso wie Sie. Aber stellen Sie sich doch einmal die Frage, ob es jemals in der Weltgeschichte Kriege zwischen zwei Demokratien gegeben hat. Ich kenne keinen. Das hat einen guten Grund. Weil in der Demokratie in der Regel eine parlamentarische Kontrolle stattfindet. Mit all ihren Fehlern, das gebe ich zu. Wir sind auch in Deutschland natürlich nicht perfekt. In der EU wahrscheinlich noch viel weniger. Nur das ist im Prinzip ähnlich, wie das, was Sie gesagt haben, mit dem Cicero-Zitat. Mit dem nicht perfekten Frieden gegenüber dem-. Zitiere es bitte noch mal. Ich habe es jetzt nicht mehr ganz so auf dem Schirm.
Kilian Forster: „Der ungerechteste Frieden ist besser, als der-.“ Nein: „Der ungerechteste-.“ Jetzt habe ich es selber vergessen. … #00:59:53# (übersprechen) besser als der gerechteste Krieg.
Peter Inagawa: Das ist im Prinzip ähnlich wie mit der Demokratie. Wir werden als Menschheit nie das perfekte, wahrscheinlich, Gesellschaftssystem bekommen. Das ist einfach unmöglich. Das ist übrigens auch einer der Punkte, warum ich mich persönlich, Sie können jetzt lachen, aber ich persönlich bezeichne mich als Antikommunisten. Ich bin in der DDR großgeworden. Ich hatte auch mit der Stasi Probleme gehabt. Ich war jetzt kein offener Widerstandskämpfer. Dafür kannte ich die Leute damals nicht gut genug. Aber ich war im inneren Widerstand. Ich habe meine Meinung kundgetan. Ich war Restriktionen unterworfen et cetera und so weiter. Ich habe damals als Kind schon erlebt, wie die Russen beispielsweise selber mit ihren Soldaten umgegangen sind. Als Musiker war ich öfter in Kasernen. Habe Soldaten gesehen, die damals schon mit Grinden hinter den Ohren herumgelaufen sind. Und wo mir dann später gesagt wurde, das sind Maßnahmen der Vorgesetzten. Die haben denn quasi immer so die Ohren geschlagen. Ich habe gesehen, wie die verpflegt wurden. Ich war in der Armee öfters mit Russen zusammen. Habe gesehen, wie die verpflegt wurden. Also wie die Russen mit ihren eigenen Leuten umgehen, das ist einfach schändlich. Das ist menschenverachtend. Das muss man einfach mal so sehen. Und das, und da komme ich wieder auf den Punkt zurück, passiert, weil dieses Land ein autokratisches Land ist. Es wird von einem Autokraten am Rande zur Diktatur, mittlerweile würde ich sogar schon sagen Diktatur, regiert. Und das ist auch der Auslöser, warum Russland in diesen Krieg geschlittert ist. Nun ist es nicht so, wie du das schon gesagt hast, dass ein Krieg immer unmittelbar beziehungsweise auch die Vorbereitung zum Krieg, dass das unmittelbar immer einem diversen Zweck unterliegen muss. Manchmal schlittert man auch in einen Krieg hinein. Das kommt so. Und ich würde fast soweit gehen, auch da werden Sie mich wahrscheinlich schelten, diesen Angriffskrieg der Russen mit dem Zweiten Weltkrieg zu vergleichen. Es ist ja so. Im Endeffekt ist es ja so, dass-, Hitler ist damals aufgrund seiner Allmachtsfantasien über die Welt hergefallen. Und Russland ist ja nicht nur in der Ukraine tätig. Russland ist ja auch in Georgien tätig und was weiß ich nicht sonst wo.
Kilian Forster: Da hätte ich jetzt mal die Frage, wie würde-. Was ich vorhin schon gestellt habe, was noch nicht beantwortet ist. Wie würde Amerika reagieren, wenn-.
Peter Inagawa: Mit Sicherheit genauso. Da bin ich mir sicher. Das ist richtig.
Kilian Forste: Genau. Und das ist aber doch genau der Punkt.
Peter Inagawa: Nein, das ist nicht der Punkt.
Kilian Forster: Ein Kriegsverbrechen, da sind wir uns alle einig. Kein Mensch überfällt ein anderes Land oder schickt Soldaten, um fremde Leute zu töten, die man überhaupt nicht kennt. Das sollte und darf kein Land machen. Aber warum gehen wir mit unterschiedlichem Maßstab vor, wenn wir-.
Peter Inagawa: Das tun wir ja gar nicht.
Kilian Forster: Doch. Wenn wir Amerika kritisieren oder nicht kritisieren, wir im Moment im selben Augenblick nach Saudi-Arabien, die Jemen angreifen sogar Waffen liefern. Unser Grüne Außenministerin neue Waffenverträge unterschreibt. Die Türkei in Syrien genauso Kriegsverbrechen-.
Peter Inagawa: Verurteile ich alles.
Kilian Forster: Ja klar. Die Frage ist, warum sanktioniert man dann nur Russland und nicht genauso die USA oder Saudi-Arabien und die Türkei? Das ist der eigentliche Punkt.
Peter Inagawa: Ich bitte dich. Wie stellst du dir denn vor, dass Deutschland die USA sanktionieren soll? Zumal im Moment die-.
Kilian Forster: Da ist die Frage, wir sprechen immer über die Freiheit der Ukraine. Und das ist das Recht der Ukraine, für seine Freiheit zu kämpfen. Und dort etliche Bürger auch natürlich gegen den Widerstand. Man spricht nicht darüber, dass auch Ukrainer verpflichtet werden und interniert werden, wenn sie nicht an der Front kämpfen. Das machen nicht nur die Russen. Das machen alle Länder, wenn es zu einem Krieg kommt. Es wird aber nur immer dem einen Land angelastet, wenn man es macht. Und nicht andersrum.
Peter Inagawa: Das stimmt nicht. Ich kann es-. Also in Deutschland-. Also jetzt muss ich mal unterbrechen.
Kilian Forster: Moment. Wir müssen einfach sagen: „Die Ukraine hat das Recht, für seine Freiheit zu kämpfen. Und das sollte so sein.“ Aber dann muss man sich fragen, müssen wir nicht auf unsere Freiheit kämpfen? Wenn wir frei wären, dann-. Moment. Wenn wir frei wären, dann hätten wir auch selbst entscheiden dürfen, ob wir Nordstream 2 in Betrieb nehmen oder nicht.
Peter Inagawa: Das ist jetzt noch ein anderes Thema.
Kilian Forster: Das ist das, was, glaube ich, die Menschen beschäftigt. Und auch Angst erzeugt. Da muss man natürlich sagen-. Manchmal muss man sagen, wir haben den Hegemon, wir haben die USA. Wir sind befreundet, wir müssen uns da in diesen Kokon reinsetzen und das mitmachen. Weil wenn wir-, auch das muss man konstatieren, genauso wie man das bei Russland sieht. Wenn man zu stark wird oder, wenn man zu unabhängig wird und aufmüpfig wird, dann wird das den Mächtigen unangenehm. Und dann wird das eine Strafe nach sich ziehen. Davor haben auch viele Angst. Davor haben auch Politiker Angst. Weil jeder, der-. Ich sage mal, wenn man im Glashaus sitzt, sollte man nicht mit Steinen werfen. Oder man soll sich an sich selbst messen. Es ist schon harter Tobak, zu sagen als Politiker: „Ich stelle mich jetzt gegen die USA. Ich stelle mich gegen-.“
Peter Inagawa: Das gab es ja schon.
Kilian Forster: Ja. Dann bin ich weg vom Fenster. Das heißt, das zu fordern ist schwierig. Genauso wenn einer selbst nicht Willens ist zu sagen: „Ich verliere komplett meinen Job und meine ganze Kompanie, wenn ich jetzt in Widerstand gehe.“ Wenn man dazu nicht bereit ist, kann man das auch nicht von anderen fordern.
Peter Inagawa: Nur einen kurzen Satz dazu. Das gab es ja schon. In besseren Tagen ist ja Gerhard Schröder damals ganz bewusst nicht mit den Amerikanern in den Irak eingezogen. Das ist so. Wir haben im Irak nichts zu tun gehabt, das ist so. Das hat damals-.
Kilian Forster: Ja, in Jugoslawien. Aber trotzdem … #01:06:01# (übersprechen).
Peter Inagawa: Warte mal, ich will nur sagen, wegen Jugoslawien möchte ich jetzt nicht diskutieren. Habe ich auch eine etwas andere Meinung. Ja, doch, weil es gab ja Kriegsverbrechen von der anderen Seite, die man versucht hat, zu unterbinden. Aber das würde jetzt wirklich zu weit führen. Ich möchte nur ausführen, Gerhard Schröder ist damals nicht mit in den Irakkrieg gezogen. Und nicht alles, was die Amerikaner tun und lassen, wird hier in der deutschen Politik unkritisch betrachtet.
Kilian Forster: Aber er hat keine Konsequenzen gezogen und gesagt, wir sanktionieren oder wir machen Ramstein zu.
Gast: … #01:06:29# – #01:06:30#.
Peter Inagawa: Ja, nein. Bitte. Jetzt hör doch mal mit dem Quatsch auf.
David Vandeven:: … #01:06:34# (übersprechen) Frage noch mal ganz kurz. Concentare! die Diskussion, Daniele Ganser ist heute zu Gast, ich würde ihn gerne zu dieser Frage hören
Dr. Daniele Ganse: Ja, zu welcher Frage?
Kilian Forster: Es sind jetzt so viele Fragen. Die Frage ist, muss man-. Ich stelle jetzt mal eine Frage. Bei der Kritik, die du auch an den USA setzt, muss man die auch andersherum Russland gegenüber sagen, für ihre hegemonialen oder imperialistischen Ausflüge?
Dr. Daniele Ganse: Also ich finde, man muss jeden Krieg kritisieren. Es geht nicht um ein Land, sondern es geht wirklich um die Art, einen Krieg zu führen, Menschen zu töten. Das ist das, was ich immer kritisiere. Und dann sagen die Leute: „Ja, jetzt kritisieren Sie am meisten die USA.“ Dann sage ich: „Ja, das hat damit zu tun, dass ich die internationale Zeitgeschichte seit 1945 untersuche. Und in dieser Zeit haben die USA am meisten Kriege geführt. Es ist einfach so. Da kann ich nichts dafür. Wenn es jetzt Belgien gewesen wäre, würde ich Belgien kritisieren. Und die Sache ist die, dass ich dann sage, okay, auch dieser Konflikt in der Ukraine, da müssen wir ganz genau hinschauen. Da müssen wir sagen, die Amerikaner haben zuerst einen Putsch gemacht 2014. Das ist meine Analyse. Ich sage nicht, Sie müssen das teilen.
Peter Inagawa: Wir sind uns einig, dass wir uns diesbezüglich nicht einig sind.
Dr. Daniele Ganse: Genau. Let’s agree to disagree. Aber ich sage, für mich ist die Datenlage klar. Victoria Nuland hat gesagt: „Fuck the EU.“ Das Gespräch wurde abgehört. John McCain war auf dem Maidan. Also es gibt einfach meiner Meinung nach genügend Daten, die das belegen. Aber ich akzeptiere natürlich auch Ihre Meinung. Wenn Sie sagen: „Nein, ich sehe das nicht so.“, dann ist es auch in Ordnung. Und letzten Endes ist einfach für mich der Punkt, dass ich versuche, hinzuschauen, wenn ein Krieg ausbricht. Und ich sehe einfach immer das gleiche Muster. Und darum möchte ich das der Friedensbewegung erklären. Ich möchte immer sagen: „Schaut her, hier ist wieder ein Krieg ausgebrochen. Und schaut her, wir wurden wieder angelogen.“ Und in Deutschland ist es eigentlich sehr schön, dass man von 45 bis 95, also 50 Jahre ist man in keinen Krieg gezogen. Man ist einfach nicht gegangen. Es gab keinen Krieg, an dem Deutschland beteiligt war. Und diese 50 Jahre finde ich wunderbar.
Kilian Forster: Es nannte sich auch Verteidigungsministerium.
Dr. Daniele Ganse: Ja. Aber dann ist etwas passiert. 99 ist Deutschland wieder in den Krieg gezogen und hat Serbien bombardiert. Und da vielleicht eine Bemerkung. Sie haben gesagt: „Ja, es gibt keine Kriege zwischen Demokratien.“ Aber Deutschland 99 ist doch eine Demokratie. Und Serbien 99 ist doch eine Demokratie. Oder würde Sie jetzt sagen: „Nein, Serbien ist keine Demokratie.“?
Peter Inagawa: De facto war Serbien damals vielleicht auf dem Papier eine Demokratie. Aber in real nicht.
Kilian Forster: Das sehen andere hier auch so.
Dr. Daniele Ganse: Also sagen wir mal so. Serbien wurde auf jeden Fall bombardiert.
Peter Inagawa: Warum?
Dr. Daniele Ganse: Ja, von Deutschland und von den USA 99. Und Gerhard Schröder war Bundeskanzler und Joschka Fischer war Außenminister. Das heißt, rot-grün haben regiert. Und ich sage, da hat etwas angefangen, was ich einfach für sehr tragisch halte. Weil das war der erste Schritt, Serbien 99. Und dann 2001 sind die USA nach Afghanistan einmarschiert, am 7. Oktober 2001. Und dann hat man gesagt, die Bundeswehr soll auch nach Afghanistan kommen. Plötzlich hat es geheißen, die Sicherheit wird jetzt am Hindukusch verteidigt. Die Leute wussten gar nicht, wo der Hindukusch ist. Es war diese Überrumpelung, dass man von einem Krieg in den nächsten rennt. Und dann ist die Bundeswehr ab 2002 in Afghanistan im Einsatz gewesen. Und dann kam Syrien. 2015 hat man nicht Syrien bombardiert. Aber Deutschland hat sich beteiligt an der Luftaufklärung, um die Daten an die Amerikaner zu geben. Und die Engländer und die haben dann Syrien bombardiert. Das heißt, man haut am Syrien-Krieg mitgewirkt. Und nach dem Syrienkrieg ist jetzt der Krieg gegen Russland der vierte. Und ich finde es einfach gefährlich, wenn man zuerst Krieg führt gegen Serbien, dann führt man Krieg gegen Afghanistan. Dann führt man Krieg gegen Syrien. Es stimmt, in Libyen hat man nicht mitgemacht. Aber jetzt beim Krieg gegen Afghanistan ist man wieder dabei. Und da sage ich, ich kann nur warnen. Ich kann nur sagen: „Tut es nicht. Tut es nicht. Es ist sehr gefährlich.“ Es werden hier auch die Stimmen nicht gehört, die eigentlich sagen: „Wir sollten keine Waffen liefern in die Ukraine.“ Was meine tiefe Überzeugung ist. Und wir sollten uns eigentlich raushalten. Wir sollten versuchen zu vermitteln. Wir sollten neutral sein. Leider nicht einmal mein Land. Die Schweiz ist nicht mehr neutral. Sie beteiligt sich am Wirtschaftskrieg gegen Russland. Auch das halte ich für falsch. Und was ich einfach beobachte ist, dass dieses Muster von Serbien nach Afghanistan nach Syrien und dann in die Ukraine-. Dass dieses Muster für Deutschland eigentlich einen Abwärtstrend darstellt. Es wäre viel besser gewesen, man hätte Serbien nicht bombardiert. Es wäre besser gewesen, man wäre nicht nach Afghanistan gefahren. Man hätte keine Menschen in Afghanistan getötet. Es wäre besser gewesen, man hätte Syrien nicht bombardiert. Und es wäre auch besser gewesen, man hätte niemals Waffen in die Ukraine geliefert.
Kilian Forster: (8 Sek.) Man hat das aber gemacht. Nach deiner Auffassung ist das dann, man hat Schuld auf sich geladen. Oder was sicher viele so sehen. Ich komme da mit einem Zitat von Dizzy Gillespie, was in Jazz passt: „Es gibt keine falsche Note bei der Improvisation. Nur halte sie nicht zu lange.“ Das ist das, was-, wir können die Vergangenheit nicht zurückdrehen. Aber das heißt, deswegen sind wir da, aufzuklären oder zu forschen, was ist falschgelaufen. Und es ist wie bei Corona auch, dass wir sehen, wir müssen den Schalter wieder umschalten. Wir müssen lernen, wie kommen wir raus aus der falschen Note. Und-.
David Vandeven:Absolut. Da würde ich ganz kurz … #01:12:59#, die Friedensbewegung oder der Friedensbewegung, die ich kennengelernt habe, war der eigentliche Konflikt nicht egal, sondern es ging um das Prozedere, Krieg zu verhindern, Krieg zu ächten. Und die Bundesrepublik Deutschland ist der fünftgrößte Waffenexporteur der Welt. Wir liefern Waffen in alle Teile dieser Welt, die dazu eingesetzt werden, Menschen zu töten. Die Frage ist-, für den Guten, wer ist der Gute, wann ist ein Kriegsverbrechen ein Kriegsverbrechen, die stellt sich nicht. Die Industrie lebt davon, Waffen zu verkaufen. Die Regierung segnet diese Waffen durch Dekretion ab. Sigmar Gabriel hat auch schon sehr, sehr starke Waffenkonstrukte abgesegnet. Also einem Politiker der SPD. U-Boote und so weiter und so fort. Und die Friedensbewegung geht dagegen auf die Straße. Den Krieg, den wir heute erleben in der Ukraine lässt Menschen, die selber Krieg erlebt haben oder sich erinnern, welche Namen in ihrer Familienkarte verschwunden sind, lässt sie nachts nicht nur nicht schlafen, sie lässt sie wütend werden. Und auch die Angst geht in der Hinsicht um sich. Aber bei mir persönlich ist etwas mit dem Ukraine-Krieg auch entstanden, nämlich die Entwicklung des Krieges. Wo entwickeln wir uns hin? Wie entwickelt sich die Industrie weiter? Krieg früher, wenn wir den Zweiten Weltkrieg sehen, auch wenn wir Serbien sehen, wurde anders geführt als der Krieg heute. Und eine Frage, die sich mir immer wieder stellt, wie wird der Krieg von morgen geführt. Kämpfen dort Roboter gegen Menschen? Kämpfen dort Drohnen, die wir nicht sehen über den Menschen und bekämpfen Menschen? Fernab von irgendwelchen Schaltern und Computerspielen trainierten Menschen und Soldaten. Haben wir überhaupt noch einen Einfluss dann darauf auf das, was stattfindet? Wir wissen, dass von Russlands Seite aus, wenn man den Medien folgt, iranische Drohnen eingesetzt werden. Wir wissen, was für eine Bedeutung Ramstein hat auf deutschem Boden für die Amerikaner im Einsatz gegen den Nahen Osten. Wir wissen aber nicht, wie der Krieg in 20 Jahren ablaufen wird. Und die künstliche Intelligenz schläft nicht. Die Entwicklung der Technologie schläft nicht. Und die Frage ist, wir haben heute Angst vor der Atombombe. Wir haben alle, auch diejenigen, die hier drinsitzen, Corona erlebt. Und die Biolabore, die in der Ukraine waren, die aber auch in anderen Standorten dieser Welt existieren, sind nicht dazu da, um den Menschen zu helfen, gesünder zu leben oder gesünder zu werden. Sondern Menschen zu töten und zu vernichten. (5 Sek.) Wenn ich zum eigentlichen Thema noch mal ein bisschen zurückkommen könnte, es wäre mir wirklich wichtig. Wovor haben denn Menschen Angst? Ist die Angst berechtigt, wie bekämpfe ich Angst? Dann hat die Angst auch damit etwas zu tun, wogegen sie sich richtet. Womit sie sich auseinanderzusetzen hat. Und ich finde, dass die Medien, wenn ich heute Fernseher anmache, den Kanal Angst extrem stark bedienen. Und die Stimmen, die paar wenigen, die Rezepte eventuell haben für die Zuschauer, Angst zu bekämpfen, die hört man so gut wie kaum. Und das sollte uns zum Thema eigentlich auch wieder ein Stück weit zurückführen. Und auch zu der Diskussion zurückführen, zu der es eigentlich heute geht.
Kilian Forster: Genau. Man-. Oder wir machen jetzt die Wiederholung des Positiven. Wir gehen in den Wald. Beziehungsweise, wir nehmen den Wald ersetzt durch eine wunderbare Musik von Charly Chaplin, nämlich Smile. Ich sehe euch auch so schon gut lächelnd hier zeitweise im Publikum. Das ist die Auszeit, die wir jetzt brauchen, um dann zu Publikumsfragen zu kommen. Ich weiß nicht, ob Dave hier schon da ist. Den Marathon überwunden hat. Dave Hobeck irgendwo. Bist du da? Sonst machen wir das alleine. Ich habe auch nicht die Zeit gehabt, Musiker noch zu suchen. Also Peter ist da, spielt Bass und ich setze mich wieder ans Klavier. Wir werden jetzt Smile von Charly Chaplin für euch spielen. Und dann geht es weiter mit den Fragen. Und Dave, wenn du da bist, dann komm einfach auf die Bühne. (16 Sek.) Kann jemand draußen mal fragen, ob er-? (Musik 3 Min, 8 Sek) Ja, wir sind so spontan. Darf ich noch mal vorstellen, Dave hier. Er steht hinter der Bühne, er wusste nicht, dass er reinkommen soll. Du, komm, wir machen einen Chorus noch mit dir. Musik (2 Min. 31 Sek.) Helena, die Tochter ist auch gekommen. Sie hat-, wir haben uns da missverstanden. Wir haben gesagt, wir spielen gestern ein Stück vor dem Vortrag, ein Stück nach dem Vortrag. Und ich hatte aber auch gemeint, wir spielen gestern und heute. Also ich habe sie quasi aus dem Bett geholt. Sie ist extra noch gekommen, um jetzt hier zu singen. Aber wir sind schon spontan. Genau. Wir haben hier jetzt das Mikrofon erkennbar. Und wer noch andere Fragen stellen will, dort hinten ist das Mikrofon. Macht ihr das bitte einmal. Einmal rüberstellen, Bruno bitte, für anonyme Fragen dann.
Gast: Guten Tag. Vielen herzlichen Dank an alle Beteiligten dieser Runde. Vielen lieben Dank auch an Kilian fürs erneute organisieren. Ich komme gleich zum Thema. Herr Ganser, ich hatte schon das Privileg, vor zwei Jahren bei Ihrem letzten Auftritt hier in Dresden dabei zu sein, bei beiden Veranstaltungen. Und da haben Sie im Nachgang der Veranstaltung letztes Jahr noch gesagt, als Historiker brauchen Sie immer einen gewissen Abstand zu einer Thematik. Insbesondere, wenn sie eine gewaltige ist. Und Sie haben das noch ausgeschlossen damals, Ihre Meinung ganz besonders klar, sage ich mal, so kundzutun. Angedeutet hatten Sie ja schon einiges in Bezug auf diesen Elefanten im Raum, der immer noch im Raum steht, den Raum nicht verlassen will, Corona. Und Sie haben gesagt, Sie bräuchten eben noch ein bisschen, bis Sie sich dazu endgültig äußern würden. Sie müssen es jetzt nicht also im Urschlamm anfangen. Aber wenn ich mal provokant fragen dürfte, würden Sie heutzutage, zwei Jahre später sind Sie ja wieder hier auf derselben Bühne, würden Sie heute sagen, es gibt zumindest Indizien, um sagen zu können, oder dass Sie sagen würden, dass Corona, Sie sind ja Historiker, der größte Betrug der Menschheitsgeschichte gewesen ist?
Dr. Daniele Ganse: Es ist tatsächlich so, dass ich mich noch ein bisschen zurückhalte zu Corona. Das ist weiterhin so. Was ich natürlich gemacht habe, ist, zu beobachten, was passiert in Deutschland, was passiert in der Schweiz, was passiert in Österreich. Das sind diese drei Länder, die ich vor allem im Fokus habe, diese 100 Millionen Menschen. Und mir ist dann einfach als also jetzt mal eine erste Bestandsaufnahme aufgefallen, dass eigentlich nicht alle Stimmen gezeigt wurden im Diskurs. Da werden Sie jetzt sagen: „Klar, das ist offensichtlich.“ Aber es ist einfach sehr wichtig, zu sehen, dass es bei Corona eben ganz verschiedene Stimmen gab. Und dass ein Teil der Stimmen ausgeschlossen wurde und sofort diffamiert wurde. Und ein anderer Teil der Stimmen wurde immer wieder gesagt. Also ich hätte mir eben gewünscht, dass ein Drosten und ein Bhakdi, dass die öffentlich diskutieren. Dass ein Wodarg und ein Lauterbach, dass die diskutieren. Dass es eine Debatte gibt. Vielleicht, Kilian, kannst du das mal noch organisieren. Aber es wirklich-.
Kilian Forster: Würde ich mir-, das war auch mein Wunsch.
Dr. Daniele Ganse: Denn das, was wir eigentlich im Sinne der Aufklärung einmal gehofft haben zu erreichen als Menschheitsfamilie, war ja, dass wir sagen: „Wir sprechen miteinander und dann sollen die besten Argumente gewinnen.“ Und das, was mir wirklich sehr gefehlt hat in der Schweiz oder auch in Deutschland und in Österreich, ist wirklich, dass dieser Diskurs, der wurde in dieser Breite nicht geführt. Das ist eindeutig. Also das ist nicht etwas, wo ich dann in fünf Jahren anders sehe. Sondern ich sehe wirklich, der Diskurs wurde in der Breite nicht geführt. Der zweite Punkt, auch provisorisch, muss man sagen, ist eigentlich, dass man sich ja dann fragt: „Ja, wie gefährlich ist dieses Virus eigentlich?“ Und da geht es um die Infection fataly rate, IFR. Also die IFR-. Und da habe ich mich eingelesen, ich kannte das Wort gar nicht 2019. Aber die IFR, die sagt eigentlich, von allen Menschen die infiziert sind, wie viele sterben. Und wenn die IFR bei einem Virus zum Beispiel 50 Prozent ist, dann ist es wirklich ein ganz gefährliches Virus. Oder auch ein Bakterium, egal. Einfach für den Historiker, was Kleines, was einen umbringen kann, was man nicht sieht. Und es gibt gefährliche Viren, es gibt gefährliche Bakterien. Aber es gibt eben jetzt auch eine Diskussion, wie groß eben die IFR ist bei SARS-CoV-2. Und da finde ich eigentlich, vor allem aus den USA John Ioannidis, das ist sehr, sehr interessant. Das ist ein führender Forscher, der eben schon ganz früh gesagt hat, die IFR ist kleiner als eins. Sie ist kleiner als 0,5. Sie ist im Rahmen von 0,2 bis 0,3. Es wurde aber öffentlich so kommuniziert, dass die Leute den Eindruck hatten, wer eben Corona bekommt, hat eine große, große Gefahr und könnte selber sehr bald sterben. Also eine IFR von 25 Prozent wurde dann in Umfragen im Volk ermittelt. Wo man gesagt hat: „Was glauben Sie, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?“ Und das ist natürlich schon ein Betrug. Wenn Sie fragen: „Ist das nicht ein Betrug?“ Es ist ein Betrug, wo man aber jetzt wieder fragen muss, wer hat hier sozusagen vorsätzlich die IFR höher raufgeschraubt? Und was war einfach, weil man es nicht besser wusste. Und da halte ich mich wirklich zurück. Also ich werde jetzt hier noch nicht böse Motive unterstellen. Ich würde einfach sagen, für mich ist im Moment klar, dass die Angst zu groß war, wenn man die Angst in das Verhältnis zur IFR setzt. Weil wenn eine IFR 0,5 ein ganzes System so lahmlegen kann, das kann eigentlich nicht sein. Das sollte eigentlich nicht sein. Und dann werde ich gerne in fünf Jahren vielleicht wieder zwei, drei Sätze mehr zu Corona. Aber provisorisch zusammengefasst, mir fehlt mir die Breite der Debatte. Mir fehlt eine Diskussion Baghdi gegen Drosten oder Wodarg gegen Wieler. Und mir fehlt auch ein Rückblick, dass man wirklich sagt: „Ja, wenn die IFR so tief ist, warum dann diese Panik?“
Gast: Alles klar. Vielen Dank.
Peter Inagawa: Eine Frage hätte ich dazu. Nur eine kurze Frage. Ist die IFR nicht auch deswegen unterm Strich so tief, weil man zumindest in der ersten Zeit, wo das Virus natürlich noch potenziell wesentlich gefährlicher war als es sich ja jetzt darstellt.
Kilian Forster: Bitte, es muss erlaubt sein. Das ist ganz normal.
Peter Inagawa: Ich war in der Zeit kurz zuvor in New York. Ich habe sehr viele Freunde in New York. Und ich habe auch viele Freunde in Bergamo. Und ich habe deren Berichte gesehen. Ich habe auch die Leichenwagen in New York damals vor den Häusern stehen sehen. Das war eine andere Situation als heute. Das gebe ich zu. Und ich bin auch im Konsens wahrscheinlich mit Ihnen, dass die Politik natürlich in vielen Punkten nicht richtig gehandelt hat. Also dass man oftmals wahrscheinlich auch überreagiert hat. Allerdings muss man natürlich auch der Politik immer zugestehen, unter Umständen falsch handeln zu können, zu müssen. Weil man natürlich in einer Situation ist, die es so vorher noch nicht gegeben hat. Meine Frage ist nur-, ist, wie gesagt, die IF, heißt sie ja, unter Umständen auch deswegen so niedrig ausgefallen, weil man natürlich in der Anfangszeit auch dementsprechend scharf reagiert hat?
Dr. Daniele Ganse: Nein, ich glaube nicht. Ich glaube, die IFR ist nicht beeinflusst worden, durch die Maßnahmen. Also man hat versucht zum Beispiel in Schweden ohne Lockdown die Sache durchzugehen, da ist die IFR eigentlich gleich wie in der Schweiz, wo man einen Lockdown gemacht hat. Sondern die IFR ist eigentlich nur, so wie es Ioannidis berechnet, jetzt über alle Länder, die ganz verschieden reagiert haben, die Länder haben wirklich unterschiedlich reagiert, 193 Länder auf der Welt-. Und der hat eigentlich weltumspannend Studien ausgewertet, unabhängig, wie die Staaten reagiert haben. Und er kam nie über einen Wert von ein Prozent.
Peter Inagawa: Noch eine Frage. Wem sollte denn diese Überreaktion letztlich nützen?
Gast: … #01:30:58# Hier steht schon eine Riesenschlange.
Kilian Forster: Trotzdem, wir haben die Zeit dazu.
David Vandeven:: Wir sollten uns die Zeit auch nehmen. Ich würde ganz kurz einhaken. Weil Daniele Ganser eben sagte, Herr Wodarg hätte gegen Herrn Drosten und der andere hätten gegen den sprechen müssen. Und man hätte den gegen den reden lassen müssen.
Dr. Daniele Ganser: Oder miteinander.
David Vandeven:: Ich weiß nicht-. Ja, miteinander reden lassen. Wenn ich zwei unterschiedliche Meinungen habe, ist auch ein gegeneinander reden. Und die Frage ist, sind denn wirklich alle Stimmen gehört worden? Hatten sie denn dieselben Möglichkeiten gehabt, sich überhaupt zu äußern? Und Markus Lanz ist eine Sendung, die in ARD oder auch in ZDF in Maischberger tagein, tagaus abends zur besten Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen läuft. Und Karl Lauterbach war 28-mal bei Markus Lanz zu Gast. Ich glaube, fünfmal hätte vielleicht-.
Kilian Forster: … #01:31:50# einziges Mal.
David Vandeven: : Fünfmal hätte es gereicht und man hätte auch die anderen hören können. Denn die Frage ist nicht nur, Kilian sprach es an eingangs, wir müssen wieder miteinander reden, auch hierher zu gehen und miteinander zu streiten ist nicht jedermanns Sache. Es ist jedermanns Sache, zu sagen: „Ich gehe hin oder ich gehe nicht hin.“ Sich hierhin zu setzen und eine andere Meinung zu haben finde ich extrem mutig. Und ich finde, man sollte auch im Respekt miteinander umgehen. Und diese Meinung einfach hören, diese Frage hören. Die Frage sich stellen lassen. Und wir sitzen alle hier, um gemeinsam die Fragen zu beantworten. Und mir müssen nicht alle Antworten gefallen. Aber sich zuzuhören ist eine Frage des Respekts.
Kilian Forster: Genau. Also Peter, deine Frage noch. Ich würde aber trotzdem noch ergänzend zu dir Daniele, sagen, das, was ich wirklich unterirdisch fand, wenn man abgestempelt, diffamiert wird als Corona-Leugner. Das ist genauso wie Klimaleugner oder Holocaustleugner auf einer selben Schiene. Also wenn jemand wirklich Corona leugnet, dass es das Virus überhaupt nicht gibt, da hat, glaube ich, so gut wie niemand, selbst von den Demonstranten, Verständnis dafür. Das Virus gibt es. Wenn jemand die Meinung hat, das Virus gibt es nicht, ist das auch sein gutes Recht, das zu behaupten. Aber ich habe selber zweimal Corona gehabt, ungeimpft et cetera. Das ist eine Sache, eine Unterstellung und jemanden in eine Ecke zu stellen, in eine rechte Ecke vor allem dann noch zu stellen, weil man die Maßnahmen als unverhältnismäßig kritisiert. Und denjenigen als Coronaleugner zu framen, das ist ein starkes Stück gewesen. Und das ist eigentlich ein Verbrechen. Wie gesagt, deine Frage und dann gehen wir weiter.
Peter Inagawa: Die Frage schließt sich ja an, an die andere. Auch wenn man jetzt mal China miteinbezieht und deren sehr restriktive Maßnahmen gegen Corona. Wem soll denn das unterm Strich im Endeffekt genutzt haben? Mal abgesehen von der natürlich Stereotypenfrage-, Antwort, Pharmaindustrie und so weiter. Aber wem soll das unterm Strich weltweit genutzt haben?
Dr. Daniele Ganse: Also mein Punkt ist ja nur, dass ich eigentlich das erlebt habe, dass es passiert ist. Und dann frage ich mich als Historiker, haben die Regierungen angemessen reagiert? Das ist eigentlich die Frage, die ich habe. Und da ist meine Meinung, nein, sie haben nicht angemessen reagiert. Sie hatten die Freiheit zu stark eingeschränkt. Und sie haben eigentlich die Gefahr des Virus zu hoch angesetzt. Und das finde ich irgendwie-, das finde ich nicht ehrlich. Weil es gab sehr früh Stimmen, die gesagt haben: „Schaut her, natürlich können wir die Kinder von der Schule fernhalten. Natürlich können wir den Kindern Angst machen und sagen: ‚Ja, wenn du zur Oma gehst, dann bringst du sie um.‘ Aber das war nie richtig, das war nie richtig.“ Also wir haben hier, ich glaube, gegenüber den Kindern auch falsch gehandelt. Und irgendwann müssen wir das eingestehen und sagen: „Entschuldigung, das war nicht richtig, was wir da gemacht haben.“ Und wir sind noch in diesem Prozess. Es ist noch ein bisschen früh. Wenn ich als Historiker spreche, es ist wirklich-, wir sind jetzt 2022 und die ganze Sache lief 2020 und 2021. Kilian, ich kann mich erinnern, dass ich hier einen Vortrag gehalten habe. Und dann hat Karl Lauterbach in der Bild-Zeitung gesagt, dass Herr Ganser das macht, geht gar nicht. Das sei ein Menschenversuch.
Kilian Forster: Das wir das veranstaltet haben wäre ein unethischer Menschenversuch, ja. Karl Lauterbach.
Dr. Daniele Ganse: Also Karl Lauterbach hat sich da kritisch geäußert. Und ich habe eigentlich-.
Kilian Forster: Weil wir die freiwilligen Infektionsgruppen gemacht haben. Was eigentlich ein zusätzlicher Schutz war zur damaligen Zeit. Wir waren die ersten, die einen verpflichtenden Maskenbereich gehabt haben. Wir wollten, dass man ohne Maske-. Und wir haben ja auch die transparenten Masken gehabt, dass wir miteinander kommunizieren können. Aber trotzdem ist es das Recht, wenn jemand sich unsicher fühlt, wenn jemand Angst hat und nur mit Maske ins Konzert gehen will, hatten wir damals gesagt, wir machen freiwillige Infektionsgruppen. Wir haben einen Extrabereich abgetrennt, wo man Maskenpflicht hat. Wir haben die Leute extra mit viel Aufwand umgesetzt. In deinem Vortrag waren es nur zwei mit Maske. Aber trotzdem, in anderen Konzerten waren es mehr. Und das muss man zugestehen. Das ist das Thema Angst. Sie hatten die Möglichkeit, dort in diesem Bereich unter sich geschützt, für sich und ihr eigenes Empfinden und andere nicht anzustecken. So wie sie es empfinden zu sein. Wir haben einen Schritt weitergemacht. Zur damaligen Zeit war einfach in Sachsen keine Maskenpflicht am Platz. In Berlin hat man das, und Köln, anders gesehen. Da war Maskenpflicht. Und aus Berlin, der Regierungszentrale kam halt dann, wir hätten den unethischen Menschenversuch, weil wir die Bilder von dir vorm vollen Haus, was ja nur 50 Prozent waren, auch falsche Bild-Zeitung-Meldung, gesehen hat, ohne Maske am Platz. War vollkommen legitim. Es war vom Gesundheitsamt bestätigt. Die haben allerdings den Mitarbeiter, den die Bild-Zeitung gefragt haben, gelogen, gesagt: „Es steht nicht im Konzept.“ Es stand sechsmal drin. Und das nannten wir freiwillige Infektionsgruppen.
Dr. Daniele Ganse: Also jetzt haben wir für die erste Frage ziemlich lange gebraucht.
Gast: Hallo? Eins, zwei, drei.
Kilian Forster: Ja, ein bisschen höher nehmen.
Gast: Also guten Tag erst mal. Vielen Dank für die Diskussion. Das ist meine-.
Kilian Forster: Ein bisschen höher das Mikrofon. Genau. Jetzt.
Gast: Ich finde es ganz toll, dass wir quasi auch gegensätzliche Meinungen haben können zum Thema Corona. Ich habe als Corona begonnen hat mir überlegt, was könnte man tun, um die Angst zu nehmen. Und wenn man sich vorstellt, man hätte Corona behandeln können und die Leute wären nicht so schwer krank geworden, dann hätten die keine Angst haben müssen. Und habe mich dran erinnert, dass ich als Kind chronische Bronchitis hatte. Und da war es üblich, dass man mit künstlichem Sonnenlicht behandelt. Und das haben wir dann ausprobiert. Und haben den Corona-Patienten Solarien nach Hause gebracht. Wir mussten die Röhren wechseln, dass das quasi auch UV-B-haltiges Licht ist. Und haben also mit diesem künstlichen Sommer die Corona-Erkrankten unterstützt, dass sie nicht so schwer krank wurden. Das hat wunderbar funktioniert. Gute Lösungen sind aus meiner Sicht immer einfache Lösungen. Man kann also in ein ganz normales heutiges Solarium gehen. Das hat ausreichen UV-B-Anteil. Und ich habe mich also die ganze Zeit gefragt, warum interessiert das niemanden? Ich habe ein Jahr lang etwa drei Anrufe jeden Tag bei den Entscheidungsträgern. Und es hat einfach niemanden interessiert. Der Vortrag gestern hat mir eine Idee gegeben. Die Leute scheinen auch ihre Angst zu lieben. Sicher gibt es auch finanzielle Interessen. Aber selbst in unserer Runde hatte ich das Gefühl, man hat sich also mehr so auf die Nebenwirkung der Impfungen fokussiert und dass man Corona auch behandeln kann. Und wir sind jetzt wieder zu Beginn des Winterhalbjahres, wo im Sonnenlicht jetzt kein UV-B-Anteil mehr drin ist. Es beginnt also wieder die Grippewelle oder Corona-Welle, was auch immer. Trotzdem ist nach so langer Zeit das immer noch nicht wieder in die Krankenhäuser gekommen. Früher war es üblich, die Dresdner Uniklinik hatte eine Sonnenterasse auf dem Dach der Kinderklinik. Das Foto hängt noch im Erdgeschoss. Und wie gesagt, wir haben Höhensonne bekommen und die Gerätschaften sind also deutlich weiterentwickelt. Die alten Höhensonnen würde ich jetzt nicht empfehlen, die hatten keinen UV-C-Filter. Aber ein heutiges Solarium, da kriegt man auch keinen Hautkrebs, wenn man einmal 15 Minuten oder zehn Minuten reingeht, je nach Hauttyp.
David Vandeven:: Darf ich vielleicht mal kurz mit einhaken. Weil die Frage ist, es könnte durchaus auch sein, dass da noch zwei, drei andere Menschen sprechen und sagen: „Ich habe ein anderes Mittel eingesetzt und mir hat es geholfen.“ Ich habe mit Professor Zastrow, dem ehemaligen Chef der STIKO, mal ein Interview geführt. Und er hat (?Betaisodona) angeführt. Und er hat dann gesagt: „Man kann auch mit Mundspülung Corona unterbinden. Und man kann sich schützen.“ Und ich glaube, andere Menschen haben andere Mittel ausprobiert. Die Frage war nicht-, oder die Sie gestellt haben, die ist berechtigt. Warum wurden gewisse Mittel nicht besser bekannt gemacht oder besser verbreitet.
Gast: Ja, warum gab es auch keine Studien und so was.
David Vandeven:: Oder Studien-. Ich glaube, Studien gibt es ganz, ganz viele. Die Frage ist nur, wer hat welche bezahlt, in Auftrag gegeben. Welche werden wann veröffentlicht. Aber es gibt, glaube ich, eins, was wir nicht haben: zu wenig Studien. Zumindest nicht in der Corona-Zeit.
Kilian Forster: Der Karl Lauterbach hat ja gesagt, er hat jeden Tag 30 vor sich und er wählt dann die eine aus, die er twittert.
David Vandeven:: Man muss auch wissen, auch selbst die STIKO und auch die Mitglieder der Expertenkommission werden von der Regierung ausgewählt, welcher Experte da sitzt. Nichtsdestotrotz, Corona hat eins gezeigt, die Gesellschaft ist zutiefst gespalten. Tiefer gespalten als jemals zuvor. Und man hat sich erklären müssen, ob man sich impfen lässt oder ob man sich nicht impfen lässt. Das Thema ist noch nicht mal vorbei. Die eigentliche oder vierte Welle steht uns vielleicht sogar noch bevor. Deswegen kann ein Historiker mitten im Prozess jetzt vielleicht auf den eigentlichen Corona-Prozess nur in die Vergangenheit dessen, was gelaufen ist, eine Auskunft geben. Aber auch er hat keine Glaskugel um zu wissen, was kommt noch. Das Zweite, was mich noch viel tiefer erschrecken lässt, ist die Rechnung von Corona, die wir aufgemacht haben. Die Schulden, die wir aufgemacht haben, die bezahlt die nächste und übernächste Generation. Die zahlen nicht mal mehr wir. Unsere Kinder werden uns irgendwann fragen oder Enkelkinder werden uns fragen, ob es das denn alles gebraucht hatte und ob das notwendig war, so viel Geld für die Bekämpfung dieser Krankheit auszugeben. Und dann werden Historiker auch Fragen beantworten können, wie gefährlich war denn Corona insgesamt gewesen. Was eins auffällig gemacht hat, ist, dass Corona die Angst bedient hat. Und dass die Menschen in ihrer Angst auch alles, teilweise auch mehr über sich haben ergehen lassen, als sie vielleicht selber bereit gewesen sind. Und dass die Angst auch zum Teil Geschäft gewesen ist. Und dass die Medien da eine Mitverantwortung haben und auch die Politik. Und ich finde auch, dass Europa im Bereich Corona maßgeblich versagt hat. Denn wir haben nicht ein Rezept für Europa gehabt, wir haben Hunderte verschieden Pläne. Hunderte verschiedene Maßnahmen im eigenen Land. In jedem Bundesland gab es andere Regeln. Teilweise in anderen Landkreisen unterschiedliche Regeln. Und alle Regeln wurden von unterschiedlichen Experten aufgestellt. Und das hat die Menschen zutiefst verunsichert. Und die Spaltung ist etwas, was geblieben ist zum Teil. Ich habe Gastronomen erlebt, die auf die Straße gegangen sind und gesagt haben, wir geben den Löffel ab. Ich habe Handwerker erlebt, die gesagt haben: „Wir können unseren Beruf nicht mehr ausüben.“ Olek und Bolek in Polen sagten: „Wir brauchen Kurzarbeitergeld. Die Leute sind jetzt zu Hause, ich kann nicht mehr einbrechen.“ Das ist jetzt mal ein Witz, der entstanden ist in Corona-Zeiten. Auch das hat sich entwickelt. Aber das ein Stück weit auf Ihre Frage mal als Antwort. Und ich glaube, dass ganz, ganz viele Sachen entwickelt worden ist, und nicht nur UV.
Kilian Forster : Und ich denke, auch als Antwort hierauf, ich habe ja auch mit vielen Politikern gesprochen auch. Die Aktion stumme Künstler haben wir gemacht am Anfang zu 20, weil das ganze Musikgeschäft, die Musiker alle vor die Hunde gingen ohne irgendwelche Einnahmen. Und in den Gesprächen mit Politikern haben wir gemerkt, die Politiker sind auch Menschen. Sie haben auch Angst. Und Angst verengt, man schaut dann nicht mehr nach anderen Alternativen. Die haben einen dermaßen straffen Zeitplan zu agieren. Sind dermaßen unter Druck. Es wäre schön, wenn die Angst dort nicht wäre. Und wenn man mehr Gelassenheit haben könnte. Und verschiedene Meinungen zu jedem Zeitpunkt hören kann und dann entscheiden kann. Und das will ich nur sagen, sie gehören genauso wie wir alle, die verschiedenste Arten von Ängsten haben. Auch, dass wir dort die Demokratie verlieren, dass wir in eine Digitalisierung reingehen. Dass man fremdgesteuert wird damit. Dass man bevormundet wird von der Pharmaindustrie. Das sind alles Ängste, die aber auf jeder Seite dort da sind. Und Angst ist dort nie gut, um richtig zu handeln. Dort sollte man immer einen klaren, kühlen Kopf bewahren. Da fällt mir noch was ein. Du hast ein Jahr mal kalt geduscht.
Dr. Daniele Ganse: Das gibt einen kalten Kopf, ja.
Kilian Forster: Also seit dem ersten Lockdown-Tag wächst nicht nur mein Bart, sondern dusche ich ununterbrochen kalt. Das hat mir auch sehr in Corona geholfen. Zumindestens mich selber stimuliert mit … #01:44:14#. Der Nächste bitte.
Gast: Okay. Corona ist out, finde ich. Und es lebe der gesunde Menschenverstand und die Jazztage Dresden. Und ich denke, man muss das jetzt den Historikern überlassen, also die Bewertung. Auch dem Herrn Ganser und anderen. Und da wird man dann sehen, dass das halt quasi alles auf Lüge aufgebaut ist mehr oder weniger. Gut, aber ich will ein anderes Thema anschneiden. Nur zur Ergänzung, Demokratien führen keine Kriege. Ich erinnere mich an den Falklandkonflikt. Die-.
Kilian Forster: Untereinander.
Gast: Ja, das war ja Argentinien und Großbritannien, Falkland. Der Falklandkrieg, das waren zwei Demokratien. Aber meine Frage ist eine ganz andere, wieso konnte es passieren, dass im Rahmen des Einigungsprozesses eigentlich die russischen Streitkräfte komplett abgezogen wurden? Und wieso konnten diese militärischen Stützpunkte der USA verbleiben in Deutschland? Zumal das ja-, das ist ja ein potenzieller Infektionsherd für Kriege sozusagen. Also und der ist gefährlicher als Covid. Also das ist meine Frage.
Peter Inagawa: Darf ich vielleicht mal eine ganz kurze Antwort drauf geben? Zu aller erst war das natürlich eine wirtschaftliche Angelegenheit. Die Russen konnten ihre Streitkräfte schlicht und ergreifend nicht mehr finanzieren. Die Russen konnten ihre Streitkräfte in Deutschland schlicht und ergreifend nicht mehr finanzieren. Das ist einer der Punkte. Und um Geld geht es unterm Strich natürlich immer. Das wissen wir ja alle. Aber es ist so, dass die Russen natürlich abgezogen sind, weil sie es nicht mehr zum einen finanzieren konnten und weil man das natürlich auch vertraglich so vereinbart hatte.
Gast: Mein Name ist übrigens Frank … #01:46:14#, ich komme hier aus Dresden. Und das ist ja eine völkerrechtliche Frage, diese-. Siegermächte waren sie ja letztendlich alle. Also die Amis sind ja relativ spät erst einmarschiert, 44 mit der Landung in der Normandie. Natürlich sehr spät, weil die ja natürlich wussten, dass die Russen noch bis zum Atlantik kommen. Und das finde ich ungerecht. Weil diese Siegermächte letztendlich ja die gleichen Rechte und Pflichten hatten.
Peter Inagawa: Ja, aber Sie wissen doch selber, unterm Strich muss man das alles ja … #01:46:46# (übersprechen).
Gast: Aber man hätte doch sagen können: „Gerechterweise müssen die Amis auch abziehen.“
Peter Inagawa: Das hätte man sagen können, aber Sie wissen wie ich, dass Deutschland Mitgliedsstaat der NATO ist. Und im Zuge der NATO natürlich-. Wie bitte?
Gast: Ramstein ist nicht NATO. Das ist american.
Peter Inagawa: Ja klar. Aber die Amerikaner sind meines Wissens nach auch in der NATO.
Gast: … #01:47:09# – #01:47:13#.
Peter Inagawa: Ja natürlich. Aber es steht ja natürlich nicht NATO-Streitkräfte drauf. Sondern jedes Land beziffert ja beziehungsweise bezeichnet seine eigenen Streitkräfte natürlich auch mit den landestypischen Symbolen.
Gast: Es gab einen US-Präsidenten, der hat mal was Vernünftiges gesagt: „Amis go home.“ Das fand ich gar nicht so schlecht. Da war dann auch nichts zu hören. Und das war der letzte Präsident der USA, also vor Biden. Da war dann auch nichts zu hören von der Friedensbewegung. Denn das ist ja eine große Losung gewesen der Friedensbewegung: „Amis go home.“, damals. Und da hat man nichts gehört. Und dieses materielle Argument-. Natürlich war der Russe schwach. Der Russe war sehr schwach zu dem Zeitpunkt und-. Wie bitte?
Gast: Die Sowjetunion.
Gast: Die Sowjetunion war ja im Zoff. Wie bitte?
Gast: … #01:48:05# bekommen. … #01:48:07# – #01:48:11#.
Gast: Aber ich würde Herrn Ganser gerne mal zu dem Thema hören.
Dr. Daniele Ganse: Also es war so, dass als diese Gespräche liefen zwischen Kohl und Gorbatschow, kam man auf den Punkt, dass natürlich aus deutscher Sicht die Wiedervereinigung ein edles und ein gutes Ziel ist. Und wenn man Deutschland wiedervereinigt, dann hat man eigentlich zwei Militärblöcke, den Warschauer Pakt und die NATO, die man aber nicht vereinigen kann. Und das war eigentlich die Schwierigkeit, diesen gordischen Knoten zu durchtrennen. Und Kohl und Gorbatschow haben es geschafft. Die haben es wirklich geschafft, diesen Knoten zu durchtrennen. Und es war eigentlich aus meiner Sicht ein Geschenk von Gorbatschow an Deutschland. Was mich ein bisschen traurig macht, dass man heute so schlecht unter Russland spricht. Weil die Russen haben den Deutschen die Wiedervereinigung geschenkt. Und was ich damit meine ist, Gorbatschow hat einseitig zugestimmt, diese 500.000 Soldaten abzuziehen. Und in diesem Moment hat US-Präsident Bush Senior gesagt: „Nun gut, hier passiert etwas in Deutschland.“ Weil dann kommt natürlich die Frage auf den Tisch, wie Sie richtig sagen: „Müssen wir auch unsere Truppen abziehen?“ Und ich hätte das für richtig gehalten, wenn sowohl die Sowjetunion, Schrägstrich Russland alle Truppen abziehen aus Deutschland und auch die USA alle Truppen abziehen. Und Deutschland aus der NATO austritt und sich als neutrales Land positioniert. Das hätte ich für ideal gehalten. Aber das war natürlich nicht im Interesse der USA. Weil die USA nutzen die NATO eigentlich, und … #01:50:11# hat das sehr klar dargelegt, das ist der nationale Sicherheitsberater von Präsident Carter-. … #01:50:18# hat ganz klar gesagt: „Die NATO ist der Mechanismus, um die amerikanische Präsenz in Europa abzusichern.“ Und darum war es aus Sicht von Washington eben das Ziel, dass die Russen gehen und die Amerikaner bleiben. Das war für die Amerikaner der beste Deal. Und diesen Deal haben sie so durchbekommen, weil wenn man einen Deal macht, muss man immer ein Gegengeschäft anbieten, dass sie gesagt haben, und das war James Baker, der Außenminister von Bush. Im Februar 1990 hat er gegenüber Gorbatschow gesagt: „Ja, ihr zieht ab, ihr Sowjets. Wir bleiben. Das ist eigentlich unser Punkt. Und ihr bekommt im Gegenzug die Zusicherung, dass die NATO sich keinen Zentimeter, not an Inche, nach Osten ausdehnen wird. Und diese, Entschuldigung, dass es so eine lange Antwort ist-. Aber diese Zusicherung hat man Moskau gegeben und Gorbatschow hat das geglaubt.
Peter Inagawa: Wer hat es ihm gegeben?
Dr. Daniele Ganse: James Baker hat es Gorbatschow versprochen. Und dann hat man es aber keinen-. Nein, man hat keinen Vertrag gemacht. Es war nur eine mündliche Zusicherung. Und das ist aber trotzdem in diesem Jahr 1990 und auch 1989 ist vieles mündlich gelaufen. Es ist über Vertrauen gelaufen. Und das Problem war, dass danach mit Clinton ein neuer Präsident im Amt war in Washington. Und der hat dann 1999 die NATO-Osterweiterung gemacht. Und das war eigentlich der Wortbruch gegenüber Russland. Man hat Polen in die NATO geholt. Man hat Ungarn, man hat Tschechien in die NATO geholt. Und 2004 hat man Estland, Lettland, Litauen, also die baltischen Staaten in die NATO geholt. Man hat Rumänien und Bulgarien in die NATO geholt. Man hat die Slowakei und Slowenien in die NATO geholt. Und das haben die Russen gesehen. Und die Russen-. Auch wenn es vielleicht viele in der Schweiz oder in Spanien gar nicht wissen, dass sich die NATO ausgedehnt hat. Aber die Russen wissen das sehr wohl. Und ich glaube da ist wirklich eigentlich auch die Wurzel des Krieges in der Ukraine. Mit diesem Versprechen, das eben gebrochen wurde.
Peter Inagawa: Ich habe kürzlich ein Interview gesehen mit Horst … #01:52:44#. Das ist, glaube ich, drei, vier Tage her gewesen. Der bestreitet das ausdrücklich, dass es diese mündliche Zusage gegeben hat.
Gast: Das gibt es schriftlich. Kann ich Ihnen geben.
Peter Inagawa: Dann zeigen Sie es mal.
David Vandeven:: Unabhängig ob das schriftlich oder mündlich war, wir haben eine Geschichte in diesem Land, die uns verbindet, das ist die Wende 89 und 90. Wir haben eine friedliche Revolution. Ob das ein Geschenk von Gorbatschow war oder nicht, es ist unsere Geschichte. Und Menschen gehen heute wieder auf die Straße und denken, Geschichte wiederholt sich. Und es bleibt wieder friedlich und es kann wieder eine friedliche Revolution geben. Ich glaube, die Menschen, die damals in Leipzig auf der Straße waren, was ja heute Jubiläumsjahr ist, wir kennen die Gedenkstätten. Wir wissen aber, dass Leipzig nicht er Ursprung war, sondern auch Plauen, auch Bautzen, auch Zittau, auch Dresden. Viele andere Städte haben die Menschen auf die Straße gebracht. Und die Menschen damals hatten sehr viel Mut, aber auch sehr viel Angst in sich getragen: Bleibt es denn friedlich oder nicht? Und auch Dresden hat da seine eigene Erinnerung daran. Denn sie haben die bewaffneten Soldaten gesehen, die per Knopfdruck oder per Befehl auch eingesetzt hätten werden können gegen die Menschen. Und das hat die Menschen trotzdem nicht gehindert, auf die Straße zu gehen und ihre Revolution durchzuziehen. Die Frage ist, haben wir aus dieser friedlichen Revolution wirklich was gelernt? Und als Putin im Bundestag gesprochen hatte, haben wir ihm die Hand gereicht oder haben wir ihn ausgeladen? Beziehungsweise, haben wir uns das gehört. Denn die Menschen, die dort saßen und das gehört haben, sitzen auch heute noch zum Teil in der Regierung. Und mich interessiert eigentlich eher die Erkenntnis daraus, was machen wir aus diesen Chancen, die wir haben. Wie viele Chance bieten sich denn uns eigentlich noch. Und wie oft geht es gut aus? Es reicht, wenn es einmal nicht gut ausgeht. Und dann geht es nämlich für uns nicht gut aus. Und was das bedeutet, haben die Menschen, die den Zweiten Weltkrieg in Dresden miterlebt haben, glaube ich, auch noch tief in den Knochen sitzen, die Brandnacht. Und ich hatte bevor ich Dr. Daniel Ganser moderieren durfte zum Friedenspreis 2020 im Frühjahr, ein Jahr zuvor Willi Wimmer zu Gast gehabt. Und er hat den Bautzener Friedenspreis bekommen und durfte die Veranstaltung moderieren. Und Willi Wimmer sagte mir, es gibt einen Plan, dass Potsdam und Dresden für die Atombombe vorgesehen sind. Und die Frage, die sich mir stellte, war: „Warum Dresden und warum Potsdam?“ Es sind die zwei schönsten Städte Deutschlands. Und wir sollten nicht vergessen, dass dieses Land immer auch ein Stück weit benutzt wurde. Und immer auch Mittel zum Zweck war. Und wenn es heute Mittel zum Zweck ist, um Ramstein zu ermöglichen oder in Büchel die Atomwaffen stehen, dann frage ich mich, muss Deutschland in Anbetracht seiner Geschichte, auch heute noch diese Funktion innehalten oder eben nicht? Denn Österreich hat nach dem Zweiten Weltkrieg einen Friedensvertrag mit Russland geschlossen und ist nicht in der NATO. Wir haben diesen nicht. Wir haben einen Waffenstillstand. Das ist ein Unterschied.
Kilian Forster: (5 Sek.) Gut.
Gast: Vielen Dank. Und noch-, danke schön.
Kilian Forster: Danke schön.
Gast: Ja, ganz kurz. Einen herzlichen Gruß von mir. Ich bin Frank von den Friedensfahrzeugen. Ich bedanke mich bei Dr. Daniele Ganser und allen hier Anwesenden für diese Podiumsdiskussion. Wir versuchen im Großen wie im Kleinen den Menschen täglich auf der Straße den Frieden etwas näher zu bringen. Da gibt es persönliche Gespräche. Ich erläutere es auch im Bekannten-/Verwandtenkreis. Aber auch immer wieder, wenn man zum Beispiel auf einem Parkplatz steht beim Einkaufen, kommen immer wieder Leute auf einen zu. Meine Vorfahren haben Krieg miterlebt, ich zum Glück nicht. Aber 89 in Berlin. Und ich kann auch nur immer mal hoffen … #01:56:27# und das habe ich auch schon öffentlich zum Ausdruck gebracht, wollen wir hoffen, dass die Panzer, sollten es noch mehr werden auf der Straße und sollten die Regierungen insbesondere jetzt hier in Deutschland nervös und ungemütlich werden, sollten die Panzer möglichst in … #01:56:45# verbleiben. Herr Dr. Ganser, es gibt den Spruch: „Man stelle sich vor, morgen ist Krieg und keiner geht hin.“ Menschen weigert euch Feinde zu sein. Haben wir auch an unseren Friedensfahrzeugen stehen. Hätten Sie noch einfach noch einmal kurz eine Idee oder einen Spruch oder einen Slogan, den man Leuten mitgeben kann, um ihnen einfach ein bisschen die Angst zu nehmen vor der Zukunft.
Dr. Daniele Ganse: Also nie wieder Krieg finde ich schon eigentlich ein wichtiger Spruch. Der kann auch noch aufs Fahrzeug. Nie wieder Krieg war immer die Losung der Friedensbewegung ab 45. Und ich glaube, man kann sich an diesem Satz orientieren. Weil wenn ein Krieg passiert, gibt es Lügen auf beiden Seiten. Und es gibt Traumatisierte auf beiden Seiten. Und das kann niemand wollen.
Gast: Danke. Ihnen Segen und Frieden an alle Beteiligten hier.
Kilian Forster: Danke schön. Der Nächste bitte.
Gast: Ich probiere es mal so. Es geht, oder? Perfekt. Wir reden ja heute über Ängste. Und ich habe Angst um unsere Gesellschaft, vor allem auch um meine Generation. Also Sie Herr Ganser sprechen ja oft an, dass die Zielgruppe für Sie die 15- bis 24-Jährigen vor allem sind. Ich habe vor circa sechs, sieben Jahren angefangen, mir Ihre Vorträge anzuschauen. Und war damals 22 oder 2. Und war damals schon sehr allein auf weiter Flur. Also auch in meiner Generation, in meinem Freundeskreis, in meiner Familie. Und wenn ich mich heute umschaue und sehe, wer hier im Publikum sitzt, dann sind das vor allem ältere Leute. Meiner Meinung nach.
Dr. Daniele Ganse: Es ist so, ja. Sie haben richtig beobachtet.
Gast: Ohne jemanden zu nahe zu treten. Und ich denke mir halt, okay, wenn-. Das Problem ist einfach meiner Meinung nach, wenn ich mir jetzt anschaue, was in den letzten Jahren war. Sie haben gesprochen über Framing, Sie haben gesprochen über den 11. September. Sie haben so viele Themen besprochen, dich ich mir angeschaut habe. Und ich war trotzdem immer sehr zufrieden hier in Deutschland, auch hier zu leben. Und finde nach wie vor, dass es eigentlich ein tolles Land ist. Und dann kam für mich 2020 der Anfang mit Corona. Wo ich gesehen habe, okay, also plötzlich sind all die Dinge, die Sie immer angesprochen haben, wie die Medien funktionieren, für mich wahr geworden. Ich habe gesehen, dass endlich so die Leute erst aufwachen müssten und sehen müssten, was hier passiert in diesem Land. Und es ist irgendwie nicht passiert. Es gibt viele, die zwar aufgewacht sind. Aber meine Generation geht trotzdem weiterhin sich an die Straße ankleben, an Autos ankleben. Fängt an, zu Fridays-for-Future-Demos zu gehen. Und wenn man auf die Spaziergänge sieht, sind es vor allem ältere Leute. Und meine Frage ist an Sie, wenn ich in die Zukunft schaue und mir überlege, wie kann meine Generation damit umgehen, wie kann man vielleicht mehr Leute noch erreichen. Wie kann man die Zukunft besser gestalten? Ob Sie da irgendwelche Tipps haben. Ich weiß, Sie können nicht in die Glaskugel schauen, haben Sie letztens im Interview gesagt in Österreich. Habe ich gesehen. Aber trotzdem, ob Sie irgendwelche Tipps haben, um auch vor allem mehr jüngere Leute zu erreichen? Weil wir sind die Zukunft von dem Land.
Dr. Daniele Ganse: Also vielen Dank für die Frage. Es ist tatsächlich ganz entscheidend, dass die 15- bis 25-Jährigen erreicht werden. Weil das ist immer die Gruppe, die eigentlich den Wandel bringt. Die ist am längsten danach dabei. Das ist ja mathematisch einfach zu erkennen. Und es ist richtig, was Sie sagen. Bei meinen Vorträgen ist nicht die Mehrheit 15 bis 25 Jahre alt. Das ist einfach nicht so, das sehe ich auch. Ich selber bin auch nicht mehr in dieser Gruppe. Und das, was ich jetzt mache ist, ich habe ein paar junge Menschen, mit denen ich in Kontakt bin. Und ich frage halt: „Wie kommuniziert ihr?“ Weil es geht ja um Kommunikation. Und ich glaube, das, was ich mehr machen muss, sind Videos und dort im Bereich Shorts. Also die junge Generation kommuniziert tatsächlich nicht über die 400 Seiten langen Bücher, die ich so liebe und schreibe. Und gerne signiere. Ich bin halt ein Buch-Typ. Also ich setze mich dann auch jetzt wieder in den Zug und dann fahre ich von Dresden nach Basel. Und dann weiß ich schon, ich lese Michael Meyen Propaganda-Matrix. Und ich freue mich schon drauf. Aber ich lese mit Leuchtstift. Und dann schreibe ich auf der Seite das Datum auf. Und dann schreibe ich noch den Namen und dann kritzele ich so rein. Und so bin ich. So werde ich sterben. Also ich bin so. Ich mache das immer so. Aber das ist nicht jetzt das Verhalten der jungen Generation. Und ich glaube, die Kommunikation muss über Video-Shorts gehen. Und die Video-Shorts, das sind, für alle im Raum, die das jetzt nicht kennen, das sind also keine Texte, sondern das sind Videos. Das ist mal das Erste. Und das Zweite, ich mache ja auch Videos. Aber die sind dann zwei Stunden. Irgendein Vortrag, zwei Stunden. Und ich sehe, dass das eigentlich nicht das Format ist der 15- bis 25-Jährigen. Und das Einzige, was ich jetzt daraus lernen kann, ist, dass ich eben sage: „Gut, dann werde ich versuchen, mehr Shorts zu machen.“ Also da sind auch dann wieder YouTube-Spezialisten, die mir sagen: „Schau, aus deinem Vortrag hier könnten wir diese drei Minuten rausschneiden.“ Und dann sage ich immer: „Nein, aber ist schade.“
David Vandeven:: … #02:02:22# vielleicht ganz kurz einhaken. Concertare!, die Diskussionsrunde vor drei Jahren, vor zwei Jahren. Wir hatten 250.000 Zuschauer gehabt für die Diskussion, weil die Diskussion im Netz gelandet ist. Ich habe bei Ostsachsen TV, wo ich es vor drei Jahren gekauft habe, mir die große Frage gestellt, was kostet mich eine Sendesekunde, wenn ich sie einkaufe, was kostet mich der Sender. Ich habe inzwischen viel mehr Hintergrundinformation. Die Frauenquote liegt bei 50 Prozent. Und die Altersklasse der kostenlosen Videos bei den 25- bis 35-Jährigen ist exorbitant hoch. Und ich glaube auch, dass ein 15-Jährig dreimal überlegen muss, ob er die 39 Euro hat für den Vortrag oder für dein Buch. Oder der 25-Jährige das erste Mal vielleicht sein erstes Einkommen hat und dann überlegt, wofür gibt er es aus. Und das unterscheidet vielleicht denjenigen, der hier als ältere Generation sitzt und sagt: „Ich habe mir eine Karte gekauft und ich gehe hier her.“ Der Zeitfaktor ist der andere. Der Kommunikationsfaktor auch sicherlich. Aber ich bin stolz und froh, dass jeder, der heute hier ist, hier erschienen ist. Und ich bin mir sicher, dass jeder von Ihnen auch Werbebotschafter ist für diese Concertare!-Veranstaltungen, auch mit jüngeren Leuten ins Gespräch kommt. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ich nehme jüngere Menschen mit. Oder ich verweise auf einen Link im Internet und derjenige guckt das sich an. Und ich weiß, diese Aufzeichnung hier, Concertare!, wird ja auch live gestreamt. Das Ganze ist im Netz.
Kilian Forster: Sie bleibt auch auf dem Jazztage YouTube-Kanal.
David Vandeven: : Und ich bin mir sicher, sie halt auch noch nach. Und das ist genau der Effekt, wie ich auch jüngere Leute erreiche. Natürlich sollten Sie vielleicht mehr aufstehen. Ich teile das Bild nicht, dass die jüngere Generation sich nur an Autos klebt und Gedanken macht um das Klima. Das Thema ist extrem wichtig. Nicht nur, sondern auch genau diese Schritte wählt und dieses Thema für sich auserkoren hat. Aber ich denke auch, dass die Medien sehr stark daran interessiert sind, die Themen zu setzen. Und auch zu steuern, für welches Thema interessiere ich mich heute? Und welches Thema ist vielleicht das Thema der Zukunft. Und jetzt ist Frieden momentan so populär, dafür auf die Straße zu gehen oder hierher zu gehen. Und da habe ich in meinem Leben, in meinem Alter zwei unterschiedliche Dinge erleben müssen. Es war mal populär. Und es waren mal viel mehr Künstler auf der Straße. Und es waren viel mehr Musiker bereit, Musik zu machen zum Thema Frieden. Und die Bühnen standen in jeder Stadt und ich hatte viel mehr Auswahl gehabt, auf Demonstrationen zum Thema Frieden zu gehen. Und mich haben die Worte des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zutiefst getroffen, als er sagte: „Wir haben inzwischen ein neues Zeitalter erreicht.“ Und ich glaube, das Zeitalter des Friedens sollte nie vorbei sein. Und wir sollten ihn daran erinnern, dass wir genau das Interesse weiterhin in unseren Herzen tragen. Und die Menschen müssen es ausfechten.
Gast: Jens Rauschenbach. Erst mal vielen Dank für die Diskussion. Ich habe auch hier wieder gemerkt, wir müssen auch lernen, damit umzugehen, mit solchen konträren Gedanken. Aber zurück zu meiner Angst. Mit Corona bin ich in die Basis eingetreten. Und während meiner Parteiarbeit und auch die ganze Aufarbeitung, also nicht bloß Corona, sondern alle Themen, die man dann so dort durchgeht, ist eigentlich erst eine Angst entstanden. Von den vier Siegermächten ist eine abgezogen. Und meine Angst ist, Deutschland kann gar nicht frei agieren, wird weiterhin nicht frei agieren können, solange das so ist. Oder sehe ich das verkehrt?
Peter Inagawa: Vielleicht darf ich da noch mal einen ganz kurzen Zusatz geben. Es wird ja immer im Allgemeinen, natürlich, das ist sicherlich jetzt ein bisschen heftig, wenn ich das sage, gesagt: „Wir sind von den Russen befreit worden.“ Das stimmt ja nur zur Hälfte. Sicherlich hat die damalige Sowjetunion, um bei den Fakten zu bleiben, Deutschland von den Nazis gesäubert. Und auch den östlicheren Teil davon. Aber es wurde ja im Prinzip eine Diktatur nur durch die andere ersetzt. So hingehend sind wir ja nicht wirklich befreit worden. Wir sind von den Nazis befreit worden, aber wir sind prinzipiell nicht befreit worden. Das ist das eine. Die Befreiung von der Diktatur, und dazu stehe ich voll und ganz, die erfolgte durch die Amerikaner 1945 im Westen. Denn die Amerikaner haben es geschafft, den Westen zu demokratisieren. Dafür sind ja auch 89 die Leute in der DDR auf die Straße gegangen, denn wir wollten ja-. Sie alle aus Dresden sind ja-. Das Thema Entnazifizierung würde jetzt noch ein ganz anderes-, noch sehr weit führen. Auch da gibt es-, habe ich sicherlich ein paar konträre Ansichten. Denn Entnazifizierung fand in beiden Teilen Deutschlands auch nur unzureichend statt. Das ist aber-, wie gesagt, das ist ein anderes Thema. Und 89 hatten wir die Gelegenheit. Und auch das ist zum Teil den Amerikanern zu verdanken. Weil nämlich die Amerikaner, das sage ich jetzt mal so brutal, die Russen totgerüstet haben. Die Russen waren wirtschaftlich am Ende. Nur das hat es uns ermöglicht, 89 friedlich auf die Straßen zu gehen. Denn ich erinnere an 1953. Ich erinnere an den Prager Frühling et cetera. Das sollte man alles nicht vergessen, dass wir alle lange Zeit-.
Gast: Ist aber keine Antwort.
Peter Inagawa: Doch, das ist eine Antwort. Das ist eine Antwort. Und dahingehend, die Russen haben damals verloren 89. Und-.
Gast: Bitte die Antwort von Daniele Ganser.
Kilian Forster: Nein, wir sind mehrere Teilnehmer. Und ich bitte auch, keine Zwischenrufe mehr zu machen. Wir haben einige da, die sich anstellen. Und die Fragen müssen wir beantworten. Und das machen wir auf dem Podium und auch gleichberechtigt. Sonst kommen wir aus dem Konzept.
Peter Inagawa: Weil sie uns auch einen gewissen Schutz vor autokratisch regierten Ländern, wie die Russen geben. Denn das beinhaltet nämlich auch, das ist mein letzter Satz dazu, warum sind die östlichen Länder alle in die NATO gegangen? Weil sie Angst hatten vor den Russen. Warum sind die litauischen, lettischen, estnischen Länder alle dort in die NATO gegangen? Weil sie kannten das. Sie kannten den Hitler-Stalin-Pakt. Sie waren mehrfach dazwischen. Die Polen noch viel mehr. Über Jahrhunderte waren sie zwischen den Deutschen, Österreichern und den Russen zerrieben worden. Und die wollten einfach Schutz und sie haben sich selber um die Mitgliedschaft der NATO bemüht. Das ist einfach mal völkerrechtlich völlig in Ordnung. Dass es den Russen nicht gefallen hat, … #02:08:37# (übersprechen).
Gast: Das passt nicht zu meiner Frage, würde ich sagen.
Peter Inagawa: Warum nicht?
Dr. Daniele Ganse: Es geht um meine Angst für die Zukunft.
Peter Inagawa: Dann stellen Sie die Frage noch mal.
Kilian Forster: Daniele Ganser.
Dr. Daniele Ganse: Also ich, wenn ich Ihre Frage richtig in Erinnerung habe, haben Sie gesagt, warum sind die anderen Siegermächte nicht abgezogen. Haben Sie das gefragt?
Gast: Nein, meine Frage war eigentlich die, werden wir als Deutsche frei agieren können oder nicht?
Dr. Daniele Ganse: Also meine Analyse ist, im Moment können sie das leider nicht.
Gast: Eben. Und ich denke, in der Zukunft wird es weiterhin sein, solange wir Besatzungsmächte hier haben und keinen Friedensvertrag.
Dr. Daniele Ganse: Also ich denke, es wird sich alles ändern. Das weiß man ja. Es ändert sich immer alles. Also das einzige Konstante ist der Wandel. Wie es kommt, wissen wir nicht. Das ist das Zweite. Also diese Idee, dass wir die Vergangenheit nehmen können und das nach vorne klappen können und sagen: „Ja, das können wir in etwa voraussagen.“, das wissen wir, dass das nicht stimmt. Also der Mauerfall war so ein Bruch, wo man sagt, das hätte jetzt 1988 praktisch kein Historiker vorausgesagt. Und 2019 hat auch niemand den Lockdown vorausgesagt. Also kann man einfach sagen, die Historiker taugen überhaupt nichts, was Voraussagen betreffen. Weil sie wissen es einfach nicht. Also wir wissen es so wenig, wie Sie. Also wirklich eigentlich gar nicht. Und zwar null. Und das bedeutet, ich glaube, man kann dann vielleicht darüber sprechen, was wäre wünschenswert. Und wünschenswert finde ich, und da gibt es verschiedene Meinungen-. Aber wünschenswert fände ich für Deutschland einen Zustand, wo keine fremde Macht Soldaten auf deutschem Boden hat. Das ist eigentlich, ich glaube, das Ziel, das Deutschland (5 Sek.; Applaus) anstreben sollte. Ich fände es aber auch dann wichtig, dass die Bundeswehr nur im Inland stationiert ist. Und als Verteidigungsarmee aufgebaut ist. Und nicht in fremde Länder zieht. Weil das ist eigentlich eine-. Das wäre für mich der beste Entwurf für Deutschland. Keine Fremdbesetzung und keinen Krieg in fremden Ländern.
Kilian Forster: Wie es ja schon mal war bis zum Jugoslawien-Krieg. Und vielleicht die Möglichkeit-.
Dr. Daniele Ganse: Die Fremdbesetzung war da schon noch.
Kilian Forster: -die Angst zu nehmen. Manches muss man einfach auch zuerst mal als gegeben hinnehmen. Man kann nicht ständig in Widerstand gehen tagaus, tagein. Oder ständig in den Social Media oder am Handy zu kleben. Die Empfehlung von Daniele Ganser, einfach in den Wald gehen zwischendrin und abzuschalten. Und manche Dinge sind im Lauf der Geschichte einfach so, wie sie sind. Und es gibt die Machtverhältnisse. Da kann man sich dann auflehnen oder den Heldentod sterben. Das funktioniert einfach nicht. Man macht sich dann selber fertig. Und tut keinem einen Gefallen. Das Wichtige ist aber, und das finde ich das Schöne immer an deinen Vorträgen, dass man der Wahrheit ins Gesicht sehen oder der gefühlten Wahrheit oder wie man es selber empfindet. Sagt: „Wir sehen dort eine andere Perspektive. Es kann auch anders sein. Wir haben eine andere Verschwörungstheorie.“ Wie auch immer. „Und wir glauben einfach nicht alles, was uns erzählt wird. Sondern wir hinterfragen dort alles.“ Das ist mal das Wichtigste, damit nicht einfach ein Mitläufer wird von Mächtigen, die einem irgendwas vorsetzen. Und ansonsten genießt man das Leben, geht in den Wald. Und ist mit seinen Lieben zusammen. Und schiebt diese Ängste einfach mal vorbei. Weil eins muss man sagen, wir leben trotzdem gut. Manche sagen ja, es geht uns zu gut, deswegen haben wir keine Revolution. Wenn man das vergleicht mit dem Mittelalter, es leben hier Sozialhilfeempfänger wie die Könige im Mittelalter. Die haben Musik den ganzen Tag, haben warmes Essen, haben warmes Wasser. Das haben selbst Könige nicht gehabt. Also das muss man auch mal sehen. Und wenn man die ganze Welt so sieht, ich bin jetzt auch schon ein bisschen älter, man glaubt es dann manchmal nicht. Aber jetzt mit 54 Jahren habe ich fünf Weltuntergänge überlebt, die einem immer wieder von der Presse gesagt wurde. Von Waldsterben über Ozonloch. Auch der nukleare Winter damals mit The Day After und so weiter. Da hatte man richtig Angst als Jugendlicher. Das auch an den jungen Herrn hier. Es sind immer wieder Kräfte, auch gute Kräfte da, die zusammenhalten auf allen Ebenen. Und das Böse ist meines Erachtens dafür da, um das Gute herauszufordern. Und deswegen sind wir da. Und dann nicht das Leben zu vergessen.
David Vandeven:: Ich würde kurz erweitern bei etwas. Und zwar Tom Hopkins hat ein Buch geschrieben: Einfach verkaufen. Und manchmal ist es ganz einfach. Seine Formel war damals, Information, Identifikation und Reaktion. Und die Information, die Sie uns gegeben haben, zu sagen, Sie haben Angst, die teilen Sie sicherlich mit vielen Menschen. Die Identifikation, zu sagen: „Mir ging es auch so.“ Und die Reaktion: „Ich habe gehört, ich kann irgendwas machen, ich habe es ausprobiert. Kann andere Leute schützen. Und helfen, mit dieser Angst umzugehen.“ Und ich glaube, das ist auch der Grund, warum Menschen montags auf die Straße gehen, sich zu vernetzen, mit anderen Menschen zu verbinden. Und diese kleine Formel Information, Identifikation und Reaktion gilt nicht nur, um etwas zu verkaufen, sondern sich auch mit der Angst im Umgang mit anderen zu bewaffnen. Und sich gegenseitig zu helfen.
Kilian Forster: Danke schön. Wir machen jetzt, ja gerne, die nächsten Fragen. Wir machen zwei Fragen. Bitte kurze Fragen stellen, weil Daniele Ganser muss auch noch zum Buch lesen in den Zug. Das Mikrofon runternehmen. Bitte ein bisschen zurück auf die weiße Linie das Mikrofon nehmen.
David Vandeven:: Die Bahn hat Verspätung, habe ich gehört. Der Zug kommt eine halbe Stunde später.
Dr. Daniele Ganse: Die Bahn ist immer verspätet.
Kilian Forster: Bitte schön.
Gast: Drei Sachen. Es ist erst mal wichtig, dass wir ins Gespräch kommen. Die Angst ist ein Gefühl-.
Kilian Forster: Bisschen näher ans Mikrofon ran.
Gast: Die Angst ist ein Gefühl. Und Furcht ist eine Empfindung. Und mit Angst-. Danke dir. Mit Angst kann man schwer fertig werden ohne Couch. Ich denke, mit Furcht kann man sehr-, gut umgehen, sehr nehme ich weg. Und wir sollten uns bei der Definition einfach drauf besinnen, wir sprechen einfach über Furcht. Also meistens über Furcht. Und damit haben wir im Kopf schon einen Plan: „Ich kann mit Furcht umgehen.“ Wenn wir sagen: „Wir haben Angst.“, dann sind wir blockiert. Ich glaube, es gibt nicht allzu viel Ängste. Ur-Ängste, Angst vorm Tod, Verlustangst. Aber allzu viel ist es nicht. Ist nicht von mir aus, ist von Frau Fischer. Das ist eine Landsmännin von Herrn Ganser. Das Zweite, was mir wirklich am Herzen liegt, wir haben gestern auch die Basis ihr Banner getragen: Brücken bauen Ungeimpfte, Geimpfte. Und das ist eigentlich das, was mich viel mehr beschäftigt, als die Weltpolitik. Weil es ist das Klima um uns rum schon sehr kalt geworden. Und dagegen hätte ich gern-, ja Rezept ist doof, aber dieser Nasenring gestern ist mir-. Dieses Bild ist nicht schön, aber ich habe es verstanden. Es ist die Angst in uns gelegt worden. Und daran kann man jetzt uns hin und her ziehen. Also ich komme aus dem Gesundheitswesen, ich sage man macht einen Zugang. Und dort kann man dann mit allem arbeiten. Das ist genau so ein Bild. Und wir haben es uns gefallen lassen. Seit wann? Keine Ahnung. Aber es funktioniert. Und da müssen wir raus. Ob wir das als Angst oder Furcht-. Und es ist das Miteinander. Also mir ist es völlig Brühe, was der Herr Schwab sich morgen wieder ausdenkt. Ich muss mit meinen Nachbarn klarkommen. Und da fehlt mir im Moment die Idee.
Dr. Daniele Ganse: Ja. Vielleicht haben wir das hier auf dem Podium zu wenig differenziert, Furcht und Angst. Kann ich jetzt nicht sagen. Ist jetzt für mich-, habe ich in den gleichen Topf geworfen. Aber kann man darüber sprechen. Und das mit dem Miteinander, da habe ich auch das Gefühl, das sagen Sie ganz richtig, das ist jetzt eigentlich wichtig. Das brauchen wir. Weil der Mensch, wenn er isoliert ist, ganz alleine ist, wie zum Beispiel Julien Assange, dann ist es-, dann bricht der. Wenn es aber zwei Menschen sind oder fünf oder zehn, es brauchen gar nicht Tausend, also fünf reichen völlig, dann kann man eigentlich den inneren Zustand sehr gut aufrechterhalten. Es ist dann eigentlich nur die Aufgabe, drei Menschen zu finden. Oder einen, einen wäre schon gut. Aber wenn man eine Person hat, das kann ich jetzt einfach von mir, von meiner Erfahrung sagen bei der 9/11-Forschung. Das war also vor Corona und Ukraine-Krieg. Und es gibt so viele Themen, die Themen wechseln ja ab. Aber bei der 9/11-Forschung war es wirklich so, dass meine Frau für mich Bezugspunkt war und ich war Bezugspunkt für sie. Und das hat gereicht. Es braucht nicht noch einen dritten, vierten, fünften, sechsten. Oder was der Schweizer Bundesrat macht oder was die Neue Zürcher Zeitung schreibt, war mir völlig egal. Und ich glaube, diese Brücken zu bauen wieder im Umfeld, das sagen Sie ganz richtig, das ist das Zentrale. Also dass wir dort die Brücken bauen. Natürlich ist es manchmal schwierig. Gerade eben zwischen Geimpften und Ungeimpften gibt es diese Gräben. Oder zwischen jenen, die Waffen liefern wollen und die anderen, die sagen, man soll keine Waffen liefern. Oder jene, die sagen, WTC 7 ist gesprengt oder es ist nicht gesprengt. Also das sind die großen Felder, wo man sich dann trefflich auseinanderdividieren kann. Aber es ist sicher immer wichtig, dass man im Gespräch ohne Abwertung ist. Also das ist eigentlich das Erkennungszeichen. Die Menschen, die ohne Abwertung sprechen können, glaube ich, sind wirklich die wichtigsten Träger der Friedensbewegung. Und wir werden untereinander uns sehr gut erkennen. Ob es gelingt, ohne Abwertung zu sprechen, wenn uns das gelingt, können wir uns verbinden. Der Mensch hat einen unglaublich-. Ja. Ein unglaublich feines Gespür, um herauszufinden, wer in meinem Umfeld wertet mich ab und wer nicht. Da kann jeder eine Liste durchgehen und er weiß es sofort. Und da empfehle ich einfach, vernetzt euch mit Leuten, die euch nicht abwerten. Und versucht auch selber her zu schauen, wo ihr selber abwertet. Das ist eigentlich immer der schmerzhafteste Punkt. Dass man da manchmal auch reinfällt. Und wenn man aber diese Hürde genommen hat, dann ist es nicht notwendig, dass man zu jeder Frage die gleiche Meinung hat. Das ist auch überhaupt nicht möglich. Sondern es ist notwendig, dass man in ein Vertrauen hineinkommt und sich dann austauscht. Und ich weiß, dass das viele jetzt machen. Dass sie sich suchen, dass sie sich finden. Und da muss man sich zum Teil auf ganz neue Menschen einlassen, die man noch gar nicht kennt von früher. Man denkt, man geht mit den gleichen Menschen von 20 bis 80 durchs Leben. Aber es ist ja nicht so. Die Dinge werden neu geordnet. Und ich würde da wirklich auf die friedliche Kommunikation setzen.
Peter Inagawa: Da bin ich mit Ihnen vollkommen im Konsens. Ich wollte nur ein Wort noch hinzufügen. Also da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Gelassenheit. Vor allen Dingen Gelassenheit in der Argumentation. Ich habe das vorhin gemerkt. Ich habe einige konträre Ansichten zu Ihnen. Ich bin heute hierhergekommen, um wirklich auch die, in Anführungsstrichen, ich sehe Sie ja nicht als Feind, die Gegenseite kennenzulernen. Also ich bin neugierig. Und ich bin auch offen für Argumente. Das Gleiche wünschte ich mir von den Leuten, die beispielsweise mit Pegida oder sonst wo auf die Straße gehen. Wenn beispielsweise, was man ja immer wieder sehen kann-. Es wird ja immer so auf der Presse herumgehackt. Ich mache das nicht. Wenn solche Leute beispielsweise von der Presse gefragt werden zu bestimmten Themen und sie blocken das von vorneherein ab, öffnen sie sich gegenüber allen. Lassen sie auch die Argumente der anderen zu. Und hören Sie erst mal zu. Das mache ich auch. Das ist das. Und das erfordert ein Stück Gelassenheit.
David Vandeven:: Ich würde kurz was anmerken. Man spricht, wenn man von den Medien spricht, von der vierten Gewalt. Eine Gewalt ist auch etwas, was gegen Menschen eingesetzt werden kann. In Corona-Zeiten haben wir diese Gewalt auch zu spüren bekommen, denn es gab kein ausgewogenes Verhältnis. Auch nicht bei uns in den Medien. Zu der Frage der jungen Dame, was mache ich mit meinem Nachbarn. Es gibt einen Unterschied, ob ich auf dem Dorf lebe. Eine Dorfgemeinschaft lebt in der Form in der Vernetzung, da lebe ich miteinander. Da muss ich miteinander klarkommen. Oder ich lebe in der Stadt und da habe ich vielleicht eine Fan-Gemeinde. Und ich suche mir meine Freunde in anderer Form aus. Und lebe die Anonymität in dem Wohnstil. So unterschiedlich kann manchmal auch die Lebensqualität oder der Lebensraum sein. Was uns immer verbindet und das fand ich das Schöne oder finde ich auch das Schöne. Deswegen bin ich besonders froh und dankbar, Kilian Forster, für die Jazztage hier. Musik verbindet, aber auch ein Essen kann verbinden. Und im Glauben gibt es einen Satz: „Wer gibt bekommt.“ Geben Sie Ihrem Nachbarn doch mal ein Essen aus. Laden Sie ihn ein. Streiten Sie sich nicht, diskutieren Sie nicht. Sondern sagen Sie einfach: „Ich habe meine Meinung, ich respektiere dich mit deiner Meinung. Ich bin froh, dass du mein Nachbar bist und nicht ein anderer.“ Wer weiß, wer dort hinzieht, wenn er wegzieht.
Kilian Forster: Gut.
Gast: Ja, Sie haben meiner Frage eigentlich gerade den Weg bereitet. Noch näher? So? Jetzt besser zu hören?
Kilian Forster: Mikrofon höher. Immer bitte vor den Mund.
Gast: Jetzt hören mich alle. Okay. Also ich habe sieben Kinder in diese Welt gebracht und erlebe jeden Tag zu Hause, wie schwer das ist, Frieden zu schaffen und Frieden auch zu halten. Ich habe sobald meine Kinder reden konnten relativ schnell gemerkt, dass ich mit guten Argumenten nie unbedingt durchregieren kann. Also, dass dieser Fehler, dem wir ja eigentlich auch erliegen. Wir denken, wir müssen uns Argumente an den Kopf hauen und irgendwann wird schon einer sagen: „Ja, hast du Recht.“ Das funktioniert nicht. Wir müssen eigentlich auf eine andere Ebene kommen. Das Zweite ist, was ich gemerkt habe, dass auch Mehrheitsverhältnisse nicht funktionieren. Wenn bei mir sieben Leute zu Hause Schnitzel wollen und einer ist Vegetarier, kann es eben nicht ausschließlich Schnitzel geben. Sodass ich irgendwann an den Punkt gekommen bin, wir müssen zu Methoden finden, wie wir miteinander reden. Da gibt es ganz viele. Da gibt es systemisches Konsensieren, da gibt es gewaltfreie Kommunikation. Da gibt es Mediationsmethoden, Teambuilding. Und als Kritik heute an dem Abend muss ich sagen, ich bin-, ich habe großen Respekt dafür, dass Sie hier stehen. Weil rein methodisch drei Menschen auf dem Podium, die relativ einer Meinung sind, 99 Prozent des Publikums vermutlich derselben Meinung, und Sie als Quotenkritiker hier einzuladen-. Also dass Sie das gerade noch aushalten, habe ich wirklich großen Respekt vor.
Peter Inagawa: Ich habe ein dickes Fell.
Gast: Also ich merke selbst, dass ich-.
Kilian Forster: Er ist eine Rampensau als Musiker, da hält er das aus.
Peter Inagawa: Wie gesagt, ich möchte ja im Gespräch bleiben. Das ist ja mein Anliegen, wie gesagt. Und-.
Gast: Ja, aber was ist es für eine Gesprächsgrundlage, einer gegen alle? Also es macht auf jeden Fall ein schwieriges Feld auf. Und ich würde mir einfach wünschen für die Zukunft, eine neutrale Moderation wäre nicht schädlich. Und tatsächlich, wenn sich nur ein Kritiker findet, dann muss man vielleicht das Format umstellen. Aber es führt nicht dazu, dass am Ende alle aus dem Raum gehen und sagen: „Jetzt habe ich den anderen aber verstanden.“
Kilian Forster: Danke schön. Ich beantworte das kurz. Das ist vollkommen richtig. Es ist einfach, so ein Festival zu organisieren und dann auch noch so eine Vortragsreihe. Wir wünschen uns das. Sie können gerne mitarbeiten. Jeder ist dazu aufgerufen, ich habe das auch auf der Webseite gemacht. Konträre Meinungen sind erwünscht. Das Problem ist, es sprechen mit mir selbst manche Künstler nicht oder manche Agenturen. Man hat Aufträge verloren et cetera. Es gibt Boykottaufrufe oder gab es, dass-. Es wird manchmal-. Das habe ich bei der Absage von Ulrike Herrmann, wo ich lange gearbeitet habe, gesehen, man will nicht mal auf derselben Bühne ein halbes Jahr später sitzen, wenn Daniele Ganser oder Ulrike Guérot dort gesessen haben. Das ist ein Ding, was ich wirklich nicht schön finde. Und wo sich viele die Zähne ausbeißen, überhaupt andere Mitdiskutanten hinzukriegen. Also mein Traum wäre wirklich das, dass wir Peter Klinkes oder Peter Inagawas in Vielzahl hier haben. Und dort respektvoll miteinander zu argumentieren. Ohne ausgebuht werden oder sonst was. Das ist das, wofür ich hier stehen möchte. Und wir arbeiten daran. Ich habe in gewisser Weise auch Angst gehabt. Deswegen haben wir erst vor sieben Wochen Daniele Ganser veröffentlicht. Wir haben einen Shitstorm erlebt, wir haben viele Sponsoren verloren et cetera und alles. Wir wollten das deswegen ein bisschen verhindern. Wir wussten seit einem Jahr, dass er kommt. Aber ich konnte nicht nur Daniele Ganser hier haben, ohne andere in der Vortragsreihe noch zu haben. Das hätte dann wieder so ausgesehen, als haben wir nur eine Meinung hier, die wir zu lassen. Das wurde kritisiert. Wir müssen zuerst mal ohne viel Mitarbeiter und ohne Förderung, wesentliche Förderung die Jazztage organisieren. Und können uns dann um die Vorträge kümmern. An der Seite sei auch-, an der Stelle sei auch noch mal gesagt, danke schön, an die Corona-Förderungen. Ohne die Corona-Förderungen, so ist es ironischerweise, würde es die Jazztage nicht mehr geben. Die sind erheblich. Im nächsten Jahr gibt es keine Corona-Förderung mehr. Wir wissen nicht, wie es da weitergehen soll mit der minimalen städtischen und freistaatlichen Förderung. Uns wäre es recht gewesen, wir brächten die Corona-Förderung überhaupt nicht, das Publikum kommt und es hätte die Maßnahmen nicht gegeben. Aber ohne die Corona-Förderung würde das nicht gehen. Wir werden im nächsten Jahr weniger Angst haben. Und wenn nachher nur Daniele übrigbleibt, ist es so. Aber wenn sonst keiner hierherkommen will, dann ist es so. Ich werde diese Angst mir nehmen. Und ansonsten wünsche ich mir aber sehr, dass wir kontroverse Diskussionen haben. Und Peter, du trägst das vielleicht auch weiter an die Musikerkollegen et cetera. Wir wollen hier streiten, aber im positiven Sinne. Zusammen streiten, Concertare. In dem Sinne, danke schön.
Gast: Vielen Dank an die Runde, dass das, was wir hier heute machen möglich ist. Daniele, an deine Frau allerliebste Grüße. Und danke, dass sie bei dir bei der Entscheidung entscheidend dabei war, deinen Lehrstuhl in Basel zu riskieren. Das ist, glaube ich, der Ursprung, weshalb du immer noch hier bist. Du hast irgendwann die Frage gestellt: „Schatz, du weißt, was das heißen könnte.“ Und deine Frau hat dir gesagt: „Ich weiß es. Wenn du es vernünftig recherchiert hast und der Meinung bist, dass du es veröffentlichen musst, tu es.“ Das war deine beste Entscheidung im Leben, sonst wären wir nicht hier. Sonst hätte ich nicht die Möglichkeit gehabt, dich irgendwann kennenzulernen. Im Laufe der letzten anderthalb Stunden, gefühlt, in denen ich in der Schlange war, haben sich meine Frage, die ich stellen wollte, ständig verändert. Ich stehe jetzt hier und möchte gar keine Frage stellen. Nur noch zwei Sachen loswerden. Georg Friedman, einigen sicherlich bekannt, Stratfor, einfach mal schauen, Interview 2015. Er erklärt in 70 Minuten die 70 Jahre Amerika, Vorgehensweise, wie es ab 45 passiert ist. George Friedman ist Berater gewesen von 86 bis 96 des CIA, das Pentagon, der amerikanischen Armee. Man darf darauf vertrauen, dass das, was er dort sagt, einigermaßen stimmt. Damit hat man eine Abhandlung. Und er hat dieses Interview gegeben, kurz nachdem Maidan. Und hat dort unumwunden alles erklärt. Das vielleicht zu einer Glaubwürdigkeit, damit ist Krieg vorbei. Ich habe noch eine kurze Anmerkung zu Corona, das, was uns seit dem Ausbruch im Oktober 2019 begleitet. Ich war auf einer Veranstaltung von der SPD kurz vor der Bundestagswahl. Habe Herrn Lauterbach persönlich die Frage stellen können, wie die SPD dazu kam, am 16.03.20 dem allerersten Lockdown zustimmen zu können. Und wollte von ihm wissen, wo es faktenbasierte Daten gibt, wo es Untersuchungen gibt, medizinischer oder sonstiger Art. Die gibt es nicht. Die gibt es nicht, die gibt es bis heute nicht. Seine Antwort ist dokumentiert. Er hat von einer Sache gesprochen, man hätte irgendein Modell, eine Modellrechnung aufgestellt auf England bezogen. Also ich sage mal aus meiner heutigen Sicht, null, nichtig. Dasselbe was Boris Reitschuster Frau Merkel gefragt hat: „Wo sind faktenbasierte Daten zu finden?“ Ihre Antwort in einer öffentlichen Pressekonferenz war viel, viel effektiver als alles andere, was ich bisher gehört habe: „Die gibt es nicht, es sind politische Entscheidungen.“ Und ich schließe mal mit der Feststellung, wenn heute jemand zum Arzt geht und die schlimmste Diagnose bekommt, die er bekommen kann, nämlich vom tödlichsten Virus aller Zeiten befallen zu sein, Ironie, damit das jeder hier versteht, dann bekommt man einen Schrecken. Und sagt zum Arzt: „Was können Sie mir jetzt empfehlen? Muss ich sterben?“ Und er wird höchstwahrscheinlich sagen: „Nein.“ Und dann kommt die nächste Frage: „Welche Medizin muss ich nehmen? Gibt es eine medizinische Behandlung?“ Und der Arzt guckt Sie ernsthaft an und sagt: „Nichts. Sie gehen für fünf bis sieben Tage nach Hause und sind dann wieder kerngesund.“ Das heißt, mein Fazit ist, nichts hilft gegen so wirksam oder ist gegen Corona so wirksam, wie nichts. Und das ist das Entlarvendste, was man überhaupt dazu sagen kann. Danke schön.
Kilian Forster: Danke schön. Ja, wir machen jetzt bitte-. Wir haben so wunderbare Fragen auch und Statements. Wir haben die Zeit nicht mehr ganz. Ich habe gerade erfahren, unsere Funkmikros werden von Max Mutzke drüben gebraucht. Also es ist alles schon-, also es ist vieles. Daniele Ganser muss weg. Also kurze Sache, eine Minute. Und dann sind Sie auch noch.
Gast: Ich habe eine ganz kurze Frage. Würde gerne vorher noch einen Impuls mit abgeben. Und zwar, wir sprechen ja hier über die Angst. Und also ich bin Nils aus Leipzig. Wir haben im Sommer zum Beispiel diesen wunderbaren Aufzug am 1. August in Berlin organisiert. Und ich habe dort ganz viele angstfreie Menschen erlebt. Und ich muss aber auch dazu sagen, wenn man ganz kritisch auch mal bei uns reinlauscht, was mir jetzt wirklich bewusst geworden ist, in dem letzten Jahr ist, nicht nur die normalen Medien verbreiten Angst. Sondern wir haben auch unheimlich viele Kanäle, von denen ich mich lossage musste, weil ich nach meinem Frühstückskaffee eigentlich auch schon wieder in der Angst war. Und aus dem Impuls heraus ist mit diesem wunderbaren Team die Idee entstanden, dass wir einen eigenen Radiosender aufmachen werden. Das werden wir in den nächsten paar Wochen bekannt geben. Und jetzt muss ich noch mal eine Lanze brechen für Peter. Also wirklich Respekt. Ich hätte mich nicht hierher gesetzt, wenn die Sache komplett andersherum gelaufen wäre. Und die Frage ist, Daniele und Peter, kommt ihr zu uns in die Sendung und können wir das fortsetzen?
Kilian Forster: Das beantworten wir dann direkt.
Dr. Daniele Ganse: Bei mir-. Also ich finde das wunderbar, dass du einen Radiosender machst. Aber bei mir sind im Moment so viele Anfragen, dass ich das im Moment nicht zusagen kann. Es ist wirklich Wahnsinn, da kommen jeden Tag Anfragen rein für Interviews. Und ich habe jetzt-. Und auch für Diskussionsrunden. Und ich habe jetzt dem Kilian zugesagt, dass wir diese Diskussion machen. Und ich schätze das wirklich sehr, dass wir das gemacht haben. Aber sonst muss ich auf die Vorträge fokussieren. Und kann nicht mehr viele Interviews geben. Das tut mir leid.
Gast: Also wir würden euch per Telefon zuschalten. Das ist noch mal so-. Also ihr müsst nirgendwo hinfahren. Sondern-.
Kilian Forster: Holt den Kontakt von uns. Ich kann das vermitteln, zu versuchen. Und dann schauen wir mal.
Gast: Also mir wäre auch Peter sehr wichtig.
Kilian Forster: Genau. Alles-.
Peter Inagawa: Noch nie habe ich mich so wichtig gefühlt. Kannst dich melden, bin ich dafür.
Kilian Forster: Okay. Einfach Kontakt abgeben.
Gast: Hallo. Ich habe bloß erst mal eine Frage zum Herrn Ganser. Ich habe gesehen, es gibt einen Dokumentarfilm über Sie. Wann wird der veröffentlicht?
Dr. Daniele Ganse : Ich glaube, vor einem Jahr.
Gast: Ach, der wurde schon veröffentlicht? Ich habe das-.
Dr. Daniele Ganse: Nein, ich weiß es nicht mehr. Es heißt: Der Verschwörer.
Gast: Okay. Weil ich habe davon noch nie irgendwas gehört. Bloß jetzt auf Ihrem YouTube-Kanal.
Dr. Daniele Ganse: Genau. Also das lief so, es gibt einen Journalisten in München vom Club der klaren Worte. Markus Langemann heißt er. Und der hat mich angerufen und gesagt, er findet meine Forschung interessant und er würde gern ein Portrait machen. Und dann ist halt immer die Frage, vertraut man der Person oder nicht. Und dann habe ich mal gedacht: „Ja, ich vertraue ihm.“ Und ich finde, er hat es gut gemacht. Also mit dem Titel bin ich jetzt nicht so happy. Aber-.
Gast: Okay. Also doch noch mal recherchieren. Und ansonsten, was ich mir mal generell wünschen würde-.
Dr. Daniele Ganse : Und der ist aber-. Entschuldigung. Der Film ist auf Club der klaren Worte hinter einer Paywall. Ich glaube, so zehn Euro oder so was.
Gast: Okay. Ja, die sind es ja wert, die zehn Euro dann. Was ich mir auch wünschen würde, generell jetzt für die Medien mehr, dass das-, oder vielleicht aus vielen Köpfen erst mal rauskommt mit diesem Rechts-links-Gedenke. Das ist komplett überholt. Es hat sich in den letzten zwei Jahren gezeigt. Wir waren auf Spaziergängen unterwegs, wo wir gesagt hätten vor Corona: „Dort laufen Leute, mit denen hätten wir uns vorher nie unterhalten.“ Da hätten wir gesagt: „Um Gottes Willen, geh weg … #02:34:37#.“ Aufgrund des Outfits und hat man nicht gesehen. Also man muss sagen, das Corona hat gespalten. Aber auch vereint auf der einen Seite. Und das würde ich mir jetzt auch-, das ist genau, wie das er hier ist und sitzt und sich unsere Thesen anhört, sage ich jetzt mal. Sich dazu äußert. Dieser ganze Diskurs, das finde ich genauso super. Und da merkt man, es ist zumindest ein Anfang auch gegeben, dass auch rauskommt aus den Köpfen, links, rechts. Das funktioniert einfach alles nicht mehr. Das ist wie gesagt generell überholt, dieses. Deswegen, miteinander reden ist schön, egal. Wir haben immer politisch unterschiedliche Ansichten, davon lebt doch eigentlich eine Demokratie.
Kilian Forster: Genau. Miteinander Mensch sein. Danke.
Gast: Ja, also ich möchte mich auch erst mal herzlich für die Runde bedanken. Ich denke nämlich auch, dass Kommunikation sehr, sehr wichtig ist. Und wenn ich so in die Runde gucke, bin ich sehr dankbar dafür, dass so viele Leute da sind. Andererseits denke ich mir, ein paar jüngere Leute wären natürlich auch noch cool. Ja, und wir beide gehören offensichtlich zur jüngeren Generation. Und es ging ja heute um das Thema Angst. Und ich habe mich in meinen jetzt jungen Jahren auch schon öfters mal kritisch geäußert. Und hatte davor sehr, sehr viel Angst, ob ich das machen soll oder nicht. Weil ich gleichzeitig noch eine schauspielerische Ausbildung mache. Ich rede zu viel. Und ich mir dann dachte: „Okay, es wird dann wahrscheinlich schwer, Jobs zu bekommen.“ Aber jetzt denke ich mir, die eigentliche Angst war einfach, wenn ich es jetzt-, jetzt habe ich es getan, jetzt ist es zu spät. Aber das ist auch gut so. Weil wenn ich es nicht getan hätte, könnte ich jetzt nicht mehr vorm Spiegel stehen und mir selbst treu sein. Und deswegen haben wir eine kurze Bitte.
Gast: Genau. Also wie man sieht, ich bin 19, sie ist 21. Wir gehören-. (Applaus) Ja. Wir gehören bedauerlicherweise zur Generation Z, tatsächlich muss man so sagen. Ja, ob man es so oder so sieht. Unsere Frage ist auch gleichzeitig eine Bitte. Haben Sie danach noch mal zwei Minuten Zeit für die Jugend? Nach der Bühne, genau. Herr Ganser.
Dr. Daniele Ganse: Ja, das kann ich nicht ablehnen. Also zwei Minuten-.
Kilian Forster: Das machen wir. Und in dem Sinne beenden wir Concertare! für heute. Es geht noch weiter mit Paprikabaron statt Zigeunerbaron. Und wie wollen wir lieben mit Volker Holly Schlott. Schaut das im Programm. Danke schön an die Jugend. Danke schön an alle, die da sind. Danke schön an die Diskussionsteilnehmer. Und am weitesten hergekommen Daniele Ganser. Danke schön. (?Priofilm), dass sie hier mitmachen und alles aufzeichnen. Lasst euch nicht entmutigen. Und bleibt angstfrei. Und in dem Sinne beenden wir hier mit Fly me to the Moon. Und begrüßen die Helena noch mal und Peter. Wir spielen noch ein Stück. Und draußen-, vielleicht verbindet ihr euch gleich mit der Jugend. Du musst dann zum Zug. Also Fly me to the Moon gibt es hier noch. Und wir sehen uns draußen noch. Wir haben genügend Zeit draußen. Hier wird das nächste Konzert vorbereitet. Kommt zu anderen Konzerten der Jazztage. Erzählt es weiter, wir brauchen das. In dem Sinne, einen schönen Sonntag noch. (Musik 3 Min. 9 Sek.) (Applaus 1 Min. 16 Sek.) Danke schön. Schönen Sonntag. Wir sehen uns draußen noch.