Alle Welt bereitet sich auf die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 vor, dabei ist es noch gar nicht ausgemachte Sache, daß diese stattfinden wird. Noch hat Bundeskanzler Olaf Scholz keine Vertrauensfrage nach Artikel 68 Grundgesetz gestellt und dementsprechend auch nicht verlieren können, er ist also nach wie vor im Amt und das nicht nur geschäftsführend, wie dies nach einer verlorenen Vertrauensfrage oder Wahl der Fall wäre. Es kann auch niemand den Bundeskanzler zwingen, die Vertrauensfrage zu stellen.
Der einzige Zwang, der angewendet werden könnte, wäre, wenn ein konstruktives Mißtrauensvotum nach Artikel 67 Grundgesetz einen neuen Bundeskanzler wählen würde. Das ist jeden Tag möglich, aber bislang hat sich CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz nicht dazu durchringen können. Warum eigentlich nicht? Die Abstimmung ist schließlich geheim und es wäre denkbar, daß er gewinnen könnte, wenn er der AfD ein entsprechendes Signal geben würde, daß er die Brandmauer einreißen will, was er früher oder später eh‘ machen muß, um Kanzler zu werden, es sei denn, er würde mit der SPD mal wieder eine der unbeliebten „Großen“ Koalitionen schließen.
Wozu also eine Neuwahl? Es ist unwahrscheinlich, daß sich grundlegend etwas ändert, außer daß Merz anders als Scholz zumindest verbal deutlicher die Ukraine unterstützt, aber in der Realpolitik wohl auch nicht eine direkte kriegerische Konfrontation mit Rußland sucht, er könnte also mit Verweis auf die Tolerierung durch AfD und BSW seine Tonlage ändern und angesichts der immer deutlicher sich abzeichnenden Niederlage einer Friedenslösung zustimmen.
Wie gesagt, noch ist nichts entschieden, selbst wenn die Mainstream Medien diesen Eindruck erwecken. Letztlich ist es auch die Stunde des Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier könnte selbst nach einer verlorenen Vertrauensfrage Scholz weiter im Amt halten, indem er den Bundestag nicht auflöst. Dann müsste sich die Bundesregierung halt für jedes Gesetzesvorhaben Mehrheiten im Parlament organisieren. Ist zwar mitunter mühsam, aber durchaus demokratischer, als die Blockabstimmungen anhand der Demarkationslinien zwischen Regierungskoalition und Opposition.
Eigentlich ist ja auch nichts passiert. Die F.D.P., von der nach dem „D-Day“-Disaster nur noch die Pünktchen übrigbleiben werden, sollte neu gewählt werden, ist halt nicht mehr in der Regierung vertreten, weil sie es so wollte. Reisende soll man nicht aufhalten. Die Grünen sind noch da, würden aber nach einer Neuwahl wahrscheinlich nur noch die Hälfte der Stimmen erreichen, das BSW hat Geldnot und wird keine ordentliche Kampagne organisieren können, die SPD würde ebenfalls gerupft werden, die Union unter dem unsympathischsten Kandidaten aller Zeiten zwar stärkste Partei werden, aber ohne die AfD und BSW oder SPD keine Mehrheit herstellen können.
Anfang der 1990er Jahre sagte mir im Interview einst der von westlichen Medien bewußt mißverstandene und als Nationalist verunglimpfte russische Politiker Wladimir Schirinowski auf die Frage, was er von vorgezogenen Duma-Wahlen halte: „Warum dauernd diese Wahlen?! Es sind doch alle gewählt! Jelzin ist gewählt, ich bin gewählt, was wollen Sie mehr?!“. Eigentlich hatte er recht: es hätte sich nichts geändert. Bei uns ist es ähnlich: solange in Sachen Krieg und Frieden die Ansagen aus Washington kommen, ist es völlig unerheblich, wer im Bundeskanzleramt sitzt, Merz oder Pistorius, den die SPD schon noch rufen wird. Da ist der von vielen Kommentatoren der Mainstream Medien als zu zögerlich beschriebene Scholz wirklich das kleinere Übel, weil er eben nicht die letzte Eskalationsstufe gegenüber Rußland einleiten will und sobald Trump zurück im Weißen Haus ist, sich plötzlich im transatlantischen Gefüge auf der richtigen Seite wähnen darf.
Wahlen, die nichts verändern, weil wir eben nicht souverän sind, bringen wenig Chancen auf Veränderungen mit sich. Wie der Kabarettist Volker Pispers einst sagte: „Ein Drittel der
Bevölkerung geht nicht mehr wählen. Warum auch? Warum soll ein Hartz IV-Empfänger wählen gehen? Fragen Sie mal was ihm lieber ist: Schwarz-Rot? Schwarz-Grün? Schwarz-Gelb? Rot-Grün? Rot-Gelb? Das sagt er: Wollen Sie mir Scheiße in verschiedene Geschmacksrichtungen anbieten?“
Das Parteiensystem ist so tot, wie einst die Blockparteien in der DDR an deren Ende. So wie 1989 stehen wir in der Tat an einer Zeitenwende, aber anders, als von Scholz gemeint, eher wie 1989 als es Wendezeit hieß. Ebenfalls stehen wir vor der Neuordnung der Welt, allerdings wird nicht die von den Machterhaltungsganoven und Globalfaschisten des Davoser World Economic Forum propagierte NWO sich durchsetzen, sondern eine multipolare Welt, die auch die NATO nicht aufhalten kann. Trump hat dies erkannt und wird die USA entsprechend in diese neue Ordnung einfügen, als immer noch wichtige Macht, aber eben nicht mehr als die alleinige Macht, die sie nach dem Ende des kalten Krieges in den vergangenen 35 Jahren war.
Wenn der Bundespräsident sich dessen bewußt würde und dazu durchringen könnte, endlich die Verfassunggebende Versammlung nach Artikel 146 einzuberufen und dafür Wahlen abhalten wollte, dann hätte er seine Staatsaufgabe in geradezu historischem Ausmaße erfüllt, denn in der neuen Weltordnung muß Deutschland freiheitlich, demokratisch, friedlich und souverän verfasst sein. Ein „Weiter so!“ mit dem Gemurkse des Parteienstaates ist jedenfalls nicht die Lösung.