Der Autor ist Vorsitzender des „Deutschlandkongresses“ von 1989
Die Bundesrepublik Deutschland, so sagen es alle politisch korrekt sprechenden Menschen, wenn sie hervorheben wollen, daß die DDR ja ein „Unrechtsstaat“ oder Regime gewesen sei, ist ein Rechtsstaat. Mit dem „Beitritt“ der DDR kam dann ein Rechtsruck weil aus dem Rechtsstaat BRD ein Staat wurde, der immer Recht hat. Am Rande sei erwähnt, daß neben den vielen neuen Rechten, die die ehemaligen DDR-Bürger am 3. Oktober 1990 bekamen besonders das Recht des Stärkeren hervorzuheben wäre. Und neben den vielen neuen Rechten, die man den „Ossis“ gab, kamen dann noch die von westdeutschen Geheimdiensten gesteuerten „Neuen Rechten“ hinzu.
Das „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ gelte, so ist die allgemeine Annahme, seit dem 3. Oktober 1990 um Null Uhr auch auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik. Bei aller Liebe zum „Grundgesetz“, welches ich persönlich für eine insgesamt vortreffliche Verfassung halten würde, da nicht nur die Menschenrechte- und würde, die Gleichheit vor dem Gesetz, die Friedensverpflichtung, aber auch die zur demokratischen Sozialstaatlichkeit nicht nur in den ersten 28 Artikeln, sondern auch die Formulierungen wie „Eigentum verpflichtet“ enthalten sind, so einfach ist es nicht.
Nun sehen wir seit über einem Jahr, daß nicht nur die „Verfassungswirklichkeit“ ständig immer eklatanter ins autoritäre abgleitet, sondern, daß inzwischen das bloße Mitführen des „Grundgesetzes“ bei Kundgebungen von Ordnungshütern teilweise brutal geahndet wird, gleich so, als habe man ein verbotenes Symbol wie zum Beispiel das einer PKK-Fahne auf eine ansonsten friedliche Demonstration mitgebracht und damit den Vorwand für Polizeigewalt geliefert.
Angesichts der massiven Grundrechteeinschränkungen wegen angeblicher aber wegen nicht vorhandener Inbezugssetzung der PCR-Testzahlen zur Gesamtzahl der Tests nicht wissenschaftlich evident nachweisbarer „pandemischer Lage nationalen Ausmaßes“, sowie in Folge der faktischen Abschaffung des „Grundgesetzes“ durch das „Infektionsschutzgesetz“ vom 18.11.2020 und dessen Vertiefung mit Paragraph 28b am 22. April 2021, ist ein Rechtsvakuum eingetreten, welches den Bestand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sowie durch die de-facto Aufhebung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und de jure Konterkarikurierung des Föderalismus akut gefährdet.
Der Ruf nach Schaffung einer Deutschen Verfassung wird lauter und hat heute mehr denn je Berechtigung, denn bei genauer Betrachtung leben wir seit dem 18. Juli 1990 bereits völlig ohne eine solche, wenn man sich nur auf die letzte Rechtsposition in dieser Frage bezöge, nämlich, daß das „Grundgesetz vom 23.5.1949“ als „Provisorium“, wie es auf der Webseite des Bundesinnenministeriums heißt, quasi als Ersatz für eine Deutsche Verfassung gelten würde. Deshalb hatte ich als Vorsitzender des Deutschlandkongresses, welchen wir am 7. Oktober 1989 in Berlin, Hauptstadt der DDR und am 10. November 1989 in Bonn Bad Godesberg gegründet hatten, am 11. Februar 1990 nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Kohl, in welchem er den Satz sprach „es wird eine neue Verfassung zu schaffen sein“, so gesendet von ARD und ZDF, die Verfassunggebende Versammlung für das gesamte Deutschland nach S.H.A.E.F. Gesetz Nr. 52, Artikel 1 vom 12. September 1944 in den Grenzen vom 31.12.1937 ausgerufen, da diese zumindest zu dem Zeitpunkt völkerrechtlich unstrittig noch galten.
Was aber gilt denn heute? Am 17. Juli 1990 war ich bei den Verhandlungen in Paris zum „Zwei plus Vier-Vertrag“ anwesend und bekam so mit, wie US-Außenminister James Baker den BRD-und DDR-Außenministern Hans Dietrich Genscher und Markus Meckel mitteilte, daß neben der Aufhebung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik auch der Artikel 23 des „Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland“ mit Wirkung zum 18. Juli 1990 um 0 Uhr gestrichen werde. Streng genommen, und so muß man es ja in rechtlichen Fragen, auch wenn oft Menschen meinen, das Völkerrecht sei schwammig, war nach diesem Zeitpunkt kein Bundestag, keine Volkskammer und keine deutsche Regierung mehr berechtigt, staats- und völkerrechtliche Handlungen vorzunehmen. Ich fragte BRD-Außenminister Genscher dazu unmittelbar nach dem Treffen mit Außenminister Baker, aber dieser wiegelte ab, das sei nur symbolisch zu verstehen, das vereinte Deutschland werde völlig souverän sein.
Dies kann aber aus mehreren Gründen nicht zutreffen, denn nicht nur gelten laut der Fußnoten zum „Zwei plus Vier – Vertrag“ nach wie vor das NATO Truppenstatut von 1957 weiter, sondern auch die S.H.A.E.F. Gesetze, die nur als „suspendiert“ gelten, es sei denn, die Bundesrepublik Deutschland verlasse den Weg der Gewaltenteilung, freiheitlich demokratischen Grundordnung und des Föderalismus`. Alle drei Bedingungen sind durch das „Infektionsschutzgesetz“, insbesondere durch Paragraph 28 b, spätestens seit dem 22. April 2021 nicht mehr erfüllt, womit die Alliierten wieder die Hoheitsrechte ausüben.
Aber: das „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ galt schon vorher nicht mehr, denn mit der Streichung des Artikels 23 GG zum 18. Juli 1990, womit man sicherstellen wollte, daß „nur“ die DDR und nicht eventuell andere Gebiete des alten Reiches in den Grenzen vom 31.12.1937 jenseits der Oder-Neiße-Linie ebenfalls „beitreten“ würden, ist vermutlich aus Versehen, eingetreten, was sich kein noch so irrer „Reichsbürger“ hätte zusammenphantasieren können, nämlich, daß der Geltungsbereich des „Grundgesetzes“ weggefallen ist. An keiner anderen Stelle im „Grundgesetz“ ist der Geltungsbereich festgeschrieben. Im ersten Semester Jura lernt man, daß es kein Gesetz ohne Geltungsbereich gibt. Wie gesagt, vermutlich ist es einfach nur der Tollpatschigkeit der eiligen euphorischen Wiedervereiniger Kohl und Genscher geschuldet, diesen Umstand nicht zu beachten, aber das sind die Fakten. Mich beschwichtigten beide immer wieder, daß das vereinte Deutschland ja souverän sein werde, aber meine Frage nach der Verfassung für Deutschland wurde plötzlich immer mit Verweis auf den „Zwei plus Vier – Vertrag“ abgebügelt, dabei ist auch nach Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung von 1910 ein „Grundgesetz“ stets nur ein Provisorium auf Zeit und keine Verfassung, wenn ich mir inhaltlich dieses noch so sehr durchaus wünschen würde. Deshalb ist in Artikel 146 GG geregelt, daß eine Deutsche Verfassung in freier Selbstbestimmung zu schaffen ist.
Da die Bundesrepublik Deutschland ihre verfassungsrechtliche Hoheit ausdrücklich auf den Geltungsbereich des „Grundgesetzes“ bezog, ist von den USA durch Streichung des Artikels 23 GG die BRD am 18. Juli 1990 de jure, gleichwohl nicht de facto, aufgelöst worden. Welche Konsequenzen hat dies aber für die „Deutsche Einheit“? Bundeskanzler Kohl stritt mir gegenüber stets ab, daß diese unwirksam sei, aber man weiß ja, wie emotional gerührt der Herr stets war, vor Allem über seine eigene Rolle, wenn es dazu kam, daß „der Mantel der Gechichte“ (Originalton Dr. Helmut Kohl) ihn „gestreift“ hätte. Kohl interessierten stets nie die Details, sondern nur das „Große Ganze“.
Im “Einigungsvertrag”, der am 28. September 1990 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde heißt es in Kapitel 1 “Wirkung des Beitritts”: “(1) Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 werden die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Länder der Bundesrepublik Deutschland…”
Und im “Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik”, veröffentlicht im Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik am 14. August 1990 heißt es unter Punkt 1: “Mit Wirkung vom 14. Oktober 1990 werden in der DDR folgende Länder gebildet: Mecklenburg Vorpommern durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Neubrandenburg, Rostock und Schwerin…” Laut Auszug des Grundgesetzes vom 3. Oktober 1990 heißt es dort aber unter Artikel 23 “aufgehoben”.
Der Artikel 23 des Grundgesetzes, auf den sich der Einigungsvertrag bezieht, existierte zu dem fraglichen Zeitpunkt gar nicht. Er war “aufgehoben”.
In dem aufgehobenen Artikel war der Geltungsbereich des Grundgesetzes benannt, wie man unschwer erkennen kann: Art. 23 GG: “Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern…”
Mein Kollege vom „Neuen Forum“ wies in seinen Veröffentlichungen zutreffenderweise ebenfalls darauf hin, daß auf erstaunliche Weise gepfuscht wurde: „Nachweislich ist seit der Streichung des Artikel 23 a.F. “Grundgesetz” eben dieser Paragraph am 31. August 1990, dem Tag der Unterzeichnung des “Einigungsvertrages”, nicht mehr existent gewesen, da er am 17.07.1990 gestrichen wurde.
Damit kann der Paragraph 1 des “Einigungsvertrages” (Beitritt gemäß Art. 23 a.F. “GG”) wohl kaum umsetzbar gewesen sein. Das “Grundgesetz”, das seinerseits ebenfalls nie ratifiziert worden ist (!) und nur durch “faktische Unterwerfung” eine Art Gewohnheitsrecht in der “BRD” wurde (vgl. Prof. Dr. Carlo Schmid in seiner Rede im Parlamentarischen Rat vom 8. September 1948), kann aber als “Ersatzverfassung” nicht auf eine selbst ausdrücklich vorgenommene räumliche Definition seines Geltungsbereichs (wie im alten Art. 23) verzichten. Als ranghöchstes Recht hat es diese grundlegenden Bestimmungen selbst zu treffen! Dies ist derzeit nicht mehr der Fall und somit ist die vermeintliche “BRD” nur noch eine nichtstaatliche Organisation.“
Die Frage würde sich jetzt stellen, ob denn die DDR somit noch existieren und ihre Verfassung in Wahrheit noch gelten würde? Rein juristisch vermutlich. Diese Schluderei, die so untypisch für uns Deutsche ist, kann damit erklärt werden, daß die Stimmung in der DDR nicht mehr so eindeutig für die sofortige „Niedervereinigung“ gewesen war, nachdem die Luft aus dem Kessel gelassen worden war und Alle mal in den Westen gereist waren und sich von Wessis einen überteuerten Gebrauchtwagen haben andrehen lassen. Aber solche eklatanten Rechtsfehler im wichtigsten Rechtsakt für uns Deutsche des 20. Jahrhunderts? Bei uns regeln doch auch sonst peinlich genau die Amtsgerichte sogar die Weltgeschichte, so daß sogar die Dinosurier die Säugetiere verklagen könnten!
De facto lebten wir allerdings die vergangenen 31 Jahre trotzdem nicht allzu schlecht mit dem „Grundgesetz“, auch wenn dies eine Illusion gewesen sein soll, aber wir haben es ja mit Leben gefüllt und bemerken gerade jetzt, wie gut es eigentlich funktioniert hatte und so sage ich heute voller Überzeugung: die Einheit des Mutter- und Vaterlandes steht nicht zur Disposition, aber wir wollen endlich eine völkerrechtlich anerkannte Verfassung schaffen, freiheitlich, demokratisch und selbtbestimmt, damit wir die unhaltbaren S.H.A.E.F. – Zustände endgültig ad Acta legen können und einen Friedensvertrag mit allen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Nationen schließen können, ohne alte Grenzen und Wunden wieder aufzureißen.