Bautzen. Mit einer Kundgebung auf dem Bautzner Kornmarkt ist eine Streikwoche beim gleichnamigen Senfhersteller gestartet. Von öffentlicher Seite kam viel Zuspruch für die Beschäftigten von Bautz’ner Senf. Neben zahlreichen Passanten erklärte die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (DIE LINKE) vor Ort ihre Unterstützung. Die Streikenden trafen sich in Bautzen vor dem Reichenturm. Und das aus gutem Grund: Die Eigentümerfamilie Durach, die das Unternehmen nach der Wende gekauft hat und dem die Unternehmensgruppe Develey gehört, zählt zu den 1.000 reichsten Deutschen mit einem geschätzten Vermögen von 250 Millionen Euro.
Am Nachmittag setzten die Beschäftigten ihren Ausstand vor dem Werkstor fort. Die Beschäftigten streiken für eine Anhebung der untersten Lohngruppe auf 12 Euro und für einen Abbau der Lohnunterschiede zu Schwesterwerken der Develey-Gruppe in Westdeutschland, z.B. Löwensenf in Düsseldorf. In anderen Betrieben der Ernährungswirtschaft in Sachsen konnten bereits erfolgreiche Lohnabschlüsse erzielt werden. Die Entgelte dort steigen stufenweise bis September 2020 um 300 bis 400 Euro. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ruft zunächst zu einem Streik über die gesamte Woche auf. Fortführung offen, sollte es nicht zu einer Lösung kommen.
„Wir müssen uns stark machen, damit wir später nicht in Altersarmut fallen“, so Cornelia Neitsch. Sie arbeitet seit 25 Jahren bei Bautz’ner Senf.
„So wie für andere Betriebe, brauchen wir auch eine Lösung für Bautz’ner Senf. Wir sind bereit, über einen Stufenplan zu verhandeln, der Armutslöhne abschafft und die Lohnunterschiede zum Westen abbaut. Bis dahin geht der Arbeitskampf weiter“, erklärt Olaf Klenke, Verhandlungsführer der NGG Ost.
Morgen informieren die Streikenden die Bautznerinnen und Bautzner in der Innenstadt über ihre Arbeitssituation. Mit Corona hat die Arbeitsbelastung durch Umstellung des Schichtsystems zugenommen. Es wird zudem 9,5 Stunden am Tag gearbeitet. Aber in der Entlohnung schlägt sich dies nicht nieder.
Das letzte Angebot des Arbeitgebers sieht im Wesentlichen vor, die bestehenden Lohnunterschiede bis 2025 fortzuschreiben. Die Gewerkschaft schlug dagegen vor, die Löhne und Gehälter bis September 2022 um 310 Euro anzuheben. Dazu ist das Unternehmen nicht bereit. Die Lohnabstände zu anderen Betrieben der Unternehmensgruppe Develey, zu der Bautz’ner Senf gehört, reichen im monatlichen Entgelt bei Facharbeitern von 694€ beim Werk in Dingolfing (Niederbayern) bis zu 941€ bei Löwensenf in Düsseldorf.
Neben dem Abbau der Lohnunterschiede fordert die Gewerkschaft, die untere Lohngruppe auf mindestens 12 Euro zu erhöhen, um armutsfeste Löhne zu erreichen. Die anderen Lohngruppen sollen entsprechend angepasst werden.
Hintergrund: Bei anderen Unternehmen der Ernährungswirtschaft Sachsen hat es bereits Verhandlungs-ergebnisse gegeben. So steigen bis zum September 2022 die Löhne der Beschäftigten bezogen auf einen Facharbeiter beim Tiefkühlhersteller FRoSTA in Lommatzsch um 394 Euro, beim Cargill-Öl-Werk in Riesa um 358 Euro und beim Fruchtsafthersteller Sonnländern (Edeka-Tochter) in Rötha um 310 Euro. Auch im Unilever-Knorr Werk in Auerbach steigt der Facharbeiterlohn nach mehreren Warmstreiks um 513€ (+22%) bis 2022. Beim Vandemoortele-Margarinewerk Dresden steigt der Facharbeiterlohn in dem Zeitraum um 317 Euro. Der Einstieg in die Lohnangleichung muss auch bei Bautz’ner Senf möglich sein.